"Unsere erste Gegenoffensive": Selenskij erinnert an Maidan-Proteste

Vor zehn Jahren haben im Zentrum Kiews, am Maidan-Platz, monatelange, pro-europäische Proteste begonnen.
Vor zehn Jahren haben im Zentrum Kiews, am Maidan-Platz, monatelange, pro-europäische Proteste begonnen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij hat an den Beginn der proeuropäischen Proteste 2013 in der Hauptstadt Kiew erinnert. 

"Vor zehn Jahren haben wir unsere erste Gegenoffensive durchgeführt“, sagte er am Dienstag in einer Videobotschaft vor dem Hintergrund des Europäischen Platzes in Kiew. 

Dieser Kampf sei gegen Gesetzlosigkeit, Unfreiheit und für eine europäische Zukunft geführt worden. Die damaligen Proteste bezeichnete er als ersten Sieg in der bis heute andauernden Auseinandersetzung mit Russland. "Der erste Sieg im heutigen Krieg trug sich zu. Ein Sieg über die Gleichgültigkeit. Ein Sieg des Mutes. Ein Sieg der Revolution der Würde."

„Jahr für Jahr, Schritt für Schritt tun wir alles dafür, damit eines Tages im Kreise der Sterne der EU-Flagge auch unser Stern strahlt. Der Stern der Ukraine“, sagte Selenskij. 

Aus einem romantischen Traum vor 20 und einem ehrgeizigen Ziel vor 10 Jahren sei heute der reale Kandidatenstatus geworden. Und trotz des Krieges werde die Ukraine unweigerlich ein vollwertiges Mitglied der Europäischen Union werden.

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Maidan-Platz als Zentrum des Protests

Auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) in Kiew begannen vor zehn Jahren prowestliche Demonstrationen für die Unterzeichnung eines Annäherungsabkommens mit der EU. 

Die teils gewaltsamen Proteste führten nach drei Monaten zum Sturz des russlandfreundlichen Präsidenten Viktor Janukowitsch. Dutzende Demonstranten und Polizisten wurden erschossen. 

Als Folge besetzte Russland die Schwarzmeer-Halbinsel Krim und annektierte diese wenig später. Dann brachte Moskau unter dem Deckmantel eines ostukrainischen Separatismus Teile der Gebiete Donezk und Luhansk unter Kontrolle. 

Im Februar 2022 schließlich begann der großangelegte Angriffskrieg, der bis heute andauert.

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Zusammen mit seiner Ehefrau Olena und der moldauischen Präsidentin Maia Sandu gedachte Selenskij der getöteten Demonstranten und stellte Windlichter an der Gedenkstätte für die "Helden des Maidan" ab. 

Auch der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hielt sich am Dienstag in Kiew auf und legte Blumen an dem Gedenkort ab.
 

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Von der Leyen: "Europa für immer verändert"

„Die kalten Winternächte des Euromaidan haben Europa für immer verändert“, schrieb EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im Kurznachrichtendienst X zu dem Jahrestag. 

Die Ukraine strebe seit zehn Jahren mit Würde und Stolz nach Freiheit. Heute sei klarer denn je, dass die Zukunft des Landes in der Europäischen Union liege.

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Ähnlich äußerte sich EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola. „Die Maidan-Revolution hat die Zukunft der Ukraine für immer verändert“, schrieb sie. „Während die Ukraine unsere Werte verteidigt, wird unsere Unterstützung mit jeder von Russland abgefeuerten Rakete stärker.“ 

Die Ukraine verteidige nicht nur ihr eigenes Territorium, sondern auch die EU und europäische Werte.

Michel in Kiew: Ratschef dämpft Erwartungen

Wenige Stunden nach dem deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius ist am Dienstag auch EU-Ratspräsident Charles Michel zu politischen Gesprächen in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eingetroffen. Er wolle mit dem Besuch deutlich machen, dass die EU fest an der Seite der Ukraine stehe, sagte Michel bei seiner Ankunft in Kiew. Man sehe, dass die Ukraine trotz des Kriegs hart an der Umsetzung von Reformen für einen EU-Beitritt arbeite. Er sei überzeugt, dass die EU mit der Ukraine sicherer und stärker sein werde.

Michel warnte aber auch davor, eine schnelle Entscheidung über den Start von EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Land als Selbstläufer zu sehen. Ein Teil der EU-Mitgliedstaaten habe deutlich gemacht, dass sie gerne genau nachdenken würden, bevor im Beitrittsprozess der nächste Schritt beschlossen werde, erklärte der Belgier am Dienstag vor Journalisten in Kiew.

Man arbeite hart daran, bis zum EU-Gipfel im Dezember zu einer einheitlichen Position zu kommen. Die politischen Schwierigkeiten seien allerdings nicht zu unterschätzen - auch weil zugleich schwierige Haushaltsentscheidungen zu treffen seien.

Sowohl Michel als auch Pistorius wollten mit ihren Besuchen auch den Beginn der als Euromaidan bezeichneten prowestlichen Demonstrationen für die Unterzeichnung eines Annäherungsabkommens mit der EU würdigen.

Moskau: Keine Koexistenz mit aktueller Regierung in Kiew

Russland zeigt sich kompromisslos gegenüber der ukrainischen Regierung. "Das derzeitige Regime ist absolut toxisch, wir sehen im Moment keine Optionen für eine Koexistenz mit ihm", sagte der russische Sonderbotschafter Rodion Miroschnik am Dienstag in Moskau. Die NATO habe der Ukraine Waffen geliefert, der Westen werde aber früher oder später das Interesse an der Ukraine verlieren. Russland könne der Macht der NATO solange standhalten, bis seine Ziele erreicht würden.

Das russische Präsidialamt bekräftigte unterdessen zum zehnten Jahrestag erster Massenproteste in Kiew seine Sicht der damaligen Ereignisse: Es habe sich um einen aus dem Ausland unterstützten Putsch gehandelt, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Dies sei es, was die aktuelle pro-westliche Ausrichtung der ukrainischen Regierung erkläre.

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