Ein Vertrag für die Zukunft der Welt - und was Österreich dazu beiträgt

Europaministerin Karoline Edtstadler in der UNO in New York
Wie würde die ideale Welt aussehen? Niemand würde Hunger leiden, kein Mensch wäre arm und müsste Krieg oder Gewalt erdulden, die gerettete Umwelt hätte den weltweiten Klimawandel gestoppt. So weit – und vereinfacht – die Vorgaben, die sich vor neun Jahren die 193 Mitgliedsstaaten der UNO mit der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ verordnet haben. Eine Art freiwilliger Weltzukunftsvertrag, für den auch Österreich seinen Beitrag liefern muss.
Und so reiste diese Woche auch Österreichs Europaministerin Karoline Edtstadler ins Hauptquartier der UNO, um zu berichten, wie nahe Österreich den für weltweit alle Länder gleich gültigen 17 Zielen (Sustainable Development Goals, SDGs) gekommen ist.

Sicherheitsrat der UNO in New York
Dass der Klimawandel auch New York erreicht hat, ist gleich bei der Ankunft zu spüren. Brütende, dampfend heiße Hitze zieht sich durch die Straßenschluchten New Yorks. Hitzewarnungen werden stündlich bei den Lokalnachrichten durchgegeben, bei mehreren Vorortelinien fallen die Verbindungen aus, weil sich die Schienen in der Hitze verbiegen. Im United Nations Plaza hingegen, dem Hauptquartier der Vereinten Nationen, weht einem geradezu schockartige Kühle wie in allen Wolkenkratzern in der Megacity entgegen.
Einer, der dort behauptet zu wissen, wie der Umstieg auf grüne Energie gelingen kann - auch eines der Agenda-2030-Nachhaltigkeitsziele – ist Ungarns Außenminister Peter Szijjarto: „Wir sagen ja zur Atomkraft“ plädierte Viktor Orbans Chefdiplomat für mehr Einsatz für nukleare Energie vor einigermaßen überraschten Zuhörern in der UNO.
„Der Westen ist Schuld“
Für noch mehr Irritationen sorgte gleich darauf Russlands Vize-Außenminister Sergej Werschinin: Kein Wunder, dass die Welt die Nachhaltigkeitsziele nicht erreichen konnte, poltert er, „der Westen und seine Blockadehaltung sind Schuld.“ Russland hingegen stehe den armen Staaten wie jenen in Afrika mit finanzieller Hilfe und anderen Lösungen zu Seite.
Protest oder Widerworte gibt es dagegen in der UNO nicht. Der Minister liest seine Drei-Minuten-Rede ungerührt vom Blatt ab, dreht sich um und geht aus dem Saal.
Diese Vorwürfe will Edtstadler nicht einfach unwidersprochen hinnehmen. „Diese russische Sicht der Dinge ist eine völlige Überhöhung der eigenen, russischen Position“, sagt sie später und beharrt: Es sei vielmehr Russland, das für die Invasion in der Ukraine und Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sei. Dass das wohl auch ein Grund dafür ist, warum so manche Verbesserung der Lage weltweit nicht erreicht wurde, muss die Ministerin erst gar nicht explizit dazusagen.
Nicht einmal ein Fünftel
Tatsächlich hat die ganze Welt bis dato nur 17 Prozent der selbstgesteckten Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 umgesetzt. Bei 37 Prozent der Ziele gab es keine Verbesserung oder man rutschte sogar zurück.
Im Gegensatz dazu gehört Österreich zu den sechs Ländern in der UNO, die bisher am besten „performt“ haben. Mehr als vier Fünftel der gesteckten Ziele wurden erreicht. Gehaltsangleichung zwischen Männern und Frauen, Ausbildungschancen, Gesundheitsversorgung, Jugendförderung, Trinkwasserqualität, Biolandwirtschaft – alles Bereiche, wo klare Fortschritte erzielt wurden.

UNO-Hauptsitz in New York
„Froh und stolz“ sei sie, sagt Edtstadler, die für die Umsetzung der Agenda-2030 zuständige Ministerin.
Aber es gehe nicht nur darum, welche Ziele Österreich erreichen wolle, führt sie gegenüber dem KURIER aus: Die internationale Zusammenarbeit müsse gestärkt werden, um eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft für alle zu gestalten. „Alle sollen in die gleiche Richtung gehen.“
Was noch zu tun ist
Zuspruch und Lob von Ministern gleichgesinnter Staaten in der UNO sind groß, doch es bleibt noch Vieles zu tun. So heißt es im 270 Seiten starken Bericht Österreichs, der nun vor der UNO in New York präsentiert wurde, dass besonders im Bereich Klimaschutz noch nachgeholt werden müsse.
So werden etwa in Österreich jährlich acht Tonnen Co2 pro Kopf ausgestoßen, mehr als im EU-Schnitt (7,4 Tonnen): Auch die Bodenversiegelung sei viel zu hoch, seit 2010 nahm sie um 11 Prozent zu. Und mit dem Verbrauch von Rohstoffen geht Österreich ebenfalls zu verschwenderisch um: 20, 8 Tonnen pro Kopf sind es pro Jahr, um sechs Tonnen pro Kopf mehr als im EU-Durchschnitt.
Was in Österreichs Bericht an die UNO ebenfalls kritisiert wird: Noch immer habe das Land keinen nationalen Energie- und Klimaplan. Dieses Manko hat Österreich immerhin schon ein Vertragsverletzungsverfahren der EU eingetragen. Ob Österreich seine gesteckten Ziele bis 2030 erreichen wird? Edtstadler gibt zu bedenken: „Das wird darauf ankommen, welche Regierung künftig im Amt ist.“
Von der UNO jedenfalls hätte Österreich beim Verfehlen allfälliger Ziele keine Sanktionen zu erwarten. Strafen gibt es für Staaten nicht, die ihre 2030-Ziele nicht erreichen.
Und so gehen die gesamten Vereinten Nationen ohnehin bereits davon aus, dass auch in sechs Jahren, wenn der Weltzukunftsvertrag ausläuft, noch immer mehrere hundert Millionen Menschen hungern, noch viel mehr Menschen in Armut leben und Kriege und Gewalt nicht von der Erde verschwunden sein werden.
https://www.bundeskanzleramt.gv.at/themen/nachhaltige-entwicklung-agenda-2030/ziele-der-agenda-2030.html
1. Armut in allen ihren Formen und überall beenden
2. Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern
3. Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern
4. Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern
5. Geschlechtergleichstellung erreichen und alle Frauen und Mädchen zur Selbstbestimmung befähigen
6. Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten
7. Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern
8. Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern
9. Eine widerstandsfähige Infrastruktur aufbauen, breitenwirksame und nachhaltige Industrialisierung fördern und Innovationen unterstützen
10. Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern
11. Städte und Siedlungen inklusiv, sicher, widerstandsfähig und nachhaltig gestalten
12. Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherstellen
13. Umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen ergreifen
14. Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen
15. Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende setzen
16. Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen
17. Umsetzungsmittel stärken und die Globale Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung mit neuem Leben erfüllen
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