Geheimdienst-Affäre: Ungarisches Spionage-Netzwerk in Brüssel enttarnt

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Ungarische Geheimdienste sollen laut Berichten ein Spionage-Netzwerk in Brüssel betrieben haben. Die EU-Kommission will die Vorwürfe untersuchen.

Zusammenfassung

  • Ungarische Geheimdienste sollen laut Recherchen von Direkt36 und internationalen Medien jahrelang ein Spionagenetzwerk in Brüssel betrieben haben.
  • Die EU-Kommission kündigte an, die Vorwürfe gegen Ungarn und insbesondere gegen EU-Kommissar Olivér Várhelyi intern zu untersuchen.
  • Ungarns Außenminister Peter Szijjarto bestreitet die Vorwürfe und sieht keine Grundlage für die Behauptungen.

Berichte über ein ungarisches Spionagenetzwerk in Brüssel haben am Donnerstag die ungarische Medienlandschaft bestimmt. Laut dem ungarischen investigativen Onlineportal Direkt36 hatten ungarische Geheimdienste jahrelang ein Spionage-Netzwerk in Brüssel betrieben. Das Portal bezieht sich auf gemeinsame Recherchen mit dem Standard, der belgischen Tageszeitung De Tijd und dem deutschen Magazin Der Spiegel.

Berichte über ungarisches Spionage-Netzwerk in Brüssel

Den Recherchen zufolge setzte die Regierung des ungarischen rechtsnationalen Premiers Viktor Orbán ihren Geheimdienst für Spionage in EU-Institutionen ein. Die Spionagetätigkeit sei wegen "Unprofessionalität und mangelnder Vorsicht" später aufgeflogen, wobei danach das Netzwerk erneut aufgebaut werden musste, berichtete Direkt 36 weiter.

Die Geheimdienstmitarbeiter der Ständigen Vertretung Ungarns in Brüssel hätten zwischen 2012 und 2018 wiederholt versucht, bei EU-Institutionen arbeitende Ungarn anzuwerben. Solche Aktivitäten sollen insbesondere während der Amtszeit des aktuellen ungarischen EU-Kommissars Olivér Várhelyi, der zwischen 2015 und 2018 EU-Botschafter war, erfolgt sein. In dem gemeinsamen Rechercheartikel wurden weiters Versuche zur Anwerbung durch Offiziere des ungarischen Informationsamtes (IH) beschrieben.

EU-Kommission will Vorwürfe untersuchen

Das Portal Direkt36 hatte detaillierte Fragen zum Spionageskandal an das IH, an das Kabinettsbüro des Ministerpräsidenten und das Außenministerium gesandt, jedoch bisher keine Antworten erhalten. Auch mehrere involvierte Geheimdienstmitarbeiter wurden kontaktiert, doch keiner der Betroffenen antwortete, berichtete das Portal.

Die Europäische Kommission werde eine interne Gruppe einrichten, um die Vorwürfe zu untersuchen, dass Ungarn europäische Institutionen ausspioniert habe, teilte ein Sprecher der Europäischen Kommission am Donnerstag mit. "Die Kommission nimmt alle heutigen Berichte zur Kenntnis, wonach ein ungarischer Geheimdienst Spionageaktivitäten gegen die EU und ihre Mitarbeiter durchgeführt haben soll. Die Kommission nimmt solche Vorwürfe sehr ernst", erklärte der Sprecher laut der Nachrichtenagentur Reuters weiters.

Ungarns Außenminister: Gibt keine Grundlage für Behauptung

Ein Sprecher der ständigen Vertretung Ungarns bei der EU in Brüssel gab zunächst keinen Kommentar ab, verwies Reuters jedoch auf Äußerungen des ungarischen Außenministers Peter Szijjarto gegenüber der ungarischen Nachrichtenseite Index. Szijjarto erklärte gegenüber Index, er habe keine Kenntnis von einem solchen Fall, wie er von Direkt36 aufgedeckt wurde, und seiner Meinung nach gebe es keine Grundlage für diese Behauptung.

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