Enthüllt: Tausende Missbrauchsfälle in ungarischen Kinderheimen

HUNGARY-CRIME-CHILDREN-ABUSE
Laut einem Bericht von 2021 soll es in ungarischen Kinderheimen zu tausenden Missbrauchsfällen gekommen sein. Damals wurden die Ermittlungen eingestellt.

Zusammenfassung

  • Ein Regierungsbericht aus 2021 dokumentiert rund 3.000 mutmaßliche Missbrauchsfälle in ungarischen Kinderheimen, was mehr als einem Fünftel der betreuten Minderjährigen entspricht.
  • Die Veröffentlichung des Berichts erhöht den Druck auf Ministerpräsident Orban vor den Parlamentswahlen, während Oppositionsführer Magyar der Regierung Versagen vorwirft.
  • Ermittlungen zu den Missbrauchsfällen wurden häufig wegen angeblichen Mangels an Beweisen eingestellt, kritisiert das Betreuungspersonal.

In Ungarn hat ein früherer Regierungsbericht weitverbreiteten Missbrauch in Kinderheimen festgestellt. In dem von der oppositionellen Tisza-Partei am Freitag veröffentlichen Bericht aus dem Jahr 2021 ist die Rede von rund 3,000 mutmaßlichen Missbrauchsfällen in ungarischen Kinderheimen. Dies entspricht mehr als einem Fünftel aller Minderjährigen in staatlicher Obhut.

Missbrauch in Kinderheimen: "Orban-Regierung ist gescheitert"

Vor der im Frühjahr erwarteten Parlamentswahl in Ungarn steht der rechtsnationalistische Ministerpräsident Viktor Orban unter Druck: Tisza-Chef Peter Magyar liegt in Umfragen vorn. Der Bericht dürfte die Wut gegen Orbans Regierung weiter anheizen. "Die Orban-Regierung ist definitiv gescheitert", schrieb Magyar im Onlinenetzwerk Facebook.

Der jetzt erst veröffentlichte Bericht beruht auf einer zwischen Juli und November 2021 erfolgten Umfrage, an der 507 von 676 angestellten Betreuungspersonen teilnahmen. Er wurde 2022 an die zuständigen Behörden weitergeleitet, "um deren Arbeit zu unterstützen", wie das Innenministerium in einer Stellungnahme erklärte.

Mangel an Beweisen: Ermittlungen wurden eingestellt

Dem Bericht zufolge wurden damals mehr als 320 Kinder in staatlicher Obhut Opfer sexueller Gewalt, 77 von ihnen wurden demnach missbraucht. Das Betreuungspersonal kritisierte laut dem Bericht zudem, dass Polizei oder Staatsanwaltschaft Ermittlungen ohne Anklage einstellten. Als Grund dafür sei meist ein Mangel an Beweisen genannt worden, hieß es.

Orban regiert Ungarn seit 15 Jahren, nach einer ersten vierjährigen Amtszeit bis 2002. Er ist damit der dienstälteste europäische Regierungschef. Seit seiner Rückkehr an die Macht 2010 hat Orban nach eigenen Angaben dem Kinderschutz in seiner Politik höchste Priorität eingeräumt. In den vergangenen Jahren wurde seine Regierung jedoch von mehreren Missbrauchsskandalen erschüttert.

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