Flüchtlingskrise: Angst um das Sozialsystem

Die Regierungen in der europäischen Union sind gespalten, wenn es um die Flüchtlingskrise geht. Die einen wollen Asylsuchende aufnehmen, die anderen lehnen sie strikt ab. Die Visegrad-Vier - Ungarn, Polen, Tschechien und Slowakei - trafen einander am Montag und forderten abermals eine härtere Vorgehensweise der Europäischen Union.
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Die Bürger der EU sehen das hingegen anders. Ein Großteil wünscht sich, dass Europa in der Flüchtlingsfrage zusammensteht, eine gemeinsame Lösung findet und flüchtende Menschen fair auf alle Länder verteilt. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage der Bertelsmann Stiftung unter 11. 410 Menschen in allen 28 Mitgliedsstaaten.
Klare Mehrheit für Schutz der EU-Außengrenzen
Fast 90 Prozent der Befragten sprechen sich für eine gemeinschaftliche Sicherung der EU-Außengrenzen aus, 79 Prozent befürworten, dass Asylsuchende auf alle Länder "fair verteilt werden", schreiben die Autoren der Studie. Doch die Reisefreiheit innerhalb der EU muss geschützt bleiben (79 Prozent). Schengen wird als zweitwichtigste Errungenschaft der EU gesehen, knapp hinter dem Binnenmarkt. Schlussfolgernd bedeutet das, dass nationale Alleingänge eine Absage erteilt bekommen.
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Diejenigen Staaten, die ihrer Verantwortung in der Flüchtlingsverteilung nicht nachkommen, sollen, wenn es laut einer großen Mehrheit von 69 Prozent geht, weniger Geld aus den EU-Kassen erhalten.
"Damit formuliert eine deutliche Mehrheit der Europäer in Sachen Flüchtlingspolitik eine klare Botschaft an den EU-Gipfel: Findet eine europäische Lösung, die auf Solidarität basiert, Stabilität bringt und die Reisefreiheit wahrt", so Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung, in einer Aussendung.
EU soll federführend sein
Für mehr als die Hälfte der Befragten soll die EU federführend die Verantwortung in der Asyl- und Migrationspolitik sein, 27 Prozent wünschen sich eine geteilte Verantwortung zwischen EU und Mitgliedsstaaten. Aber nur 22 Prozent würden die Migrationspolitik ihrem eigenen Land überlassen.
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Die Umfrage zeigt zudem, dass die Kluft zwischen alten und neuen Mitgliedsstaaten in Sachen Flüchtlingspolitik größer wird: In den seit 2004 und 2007 aufgenommenen Ländern wie Polen, Tschechien, Bulgarien oder Rumänien befürworten nur 54 Prozent die faire Verteilung der Asylbewerber - in den alten Mitgliedsstaaten sind es mit 85 Prozent deutlich mehr. Einig ist man sich jedoch bei der Sicherung der EU-Außengrenzen (91 Prozent Befürworter in den alten, 87 Prozent in den neuen EU-Staaten).
Skepsis: Angst um Sozialsystem
Die Mehrheit befürwortet zwar eine gemeinsame Asyl- und Migrationspolitik, sieht die aktuelle Lage jedoch skeptisch und ist teils verunsichert. Die Hälfte erklärt, dass sie sich manchmal wie Fremde im eigenen Land fühlen und 58 Prozent befürchten negative Folgen für die Sozialsysteme. Um Ängste und Sorgen zu nehmen, müssen die Mitgliedsstaaten besser zusammenarbeiten, sagen 60 Prozent der Befragten.
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