Putin-Expertin: Krieg gegen Europa, "historische Stunde" für Selenskij

Wladimir Putin gestikuliert vor der russischen Flagge an einem Tisch mit Dokumenten.
Russland-Expertin Katja Gloger sprach in der ZiB2 über die aktuellen Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg und Putins großes Ziel.

Die USA haben bei den Ukraine-Gesprächen in Genf nach Angaben aus Verhandlungskreisen Druck auf die Unterhändler Kiews ausgeübt, den von Washington vorgelegten Plan für ein Ende des Krieges zu akzeptieren. Zwar habe das Drängen der USA im Laufe der Verhandlungen abgenommen, aber der "grundsätzliche Druck" sei bestehen geblieben, erfuhr AFP Montagabend von einem mit den Gesprächen vertrauten hochrangigen Beamten. Einen Gegenvorschlag Europas zum US-Plan lehnte Moskau ab.

Die Ukraine und ihre Verbündeten drangen auf eine Überarbeitung des US-Plans. Nach den Gesprächen in der Schweiz sprachen Kiew und seine europäischen Partner von Fortschritten, sie sehen aber noch viel Arbeit vor sich. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij sprach am Montag von "wichtigen Schritten, aber für einen echten Frieden braucht es mehr, viel mehr".

Russland seinerseits wies am Montag einen laut Moskau kursierenden Gegenvorschlag der Europäer zum US-Plan für die Ukraine als "nicht konstruktiv" zurück. 

Russland-Expertin in der ZiB2

In der ZiB2 war dazu am Montag-Abend Russland-Expertin und Putin-Biografin Katja Gloger zu Gast. Für sie sei es zentral, dass die Europäer, die erst noch außen vor gelassen worden wären, am Tisch der Verhandlungen Platz genommen hätten: "Sie stehen nicht mehr draußen vor der Tür und bitten um Einlass, sondern sie haben sich solidarisch gezeigt und können nun die Interessen der Ukraine, die Interessen der Europäer weitaus besser und konsistenter vertreten."

Russland-Expertin über den Friedensplan für die Ukraine

Ein Waffenstillstand mit Russland würde jedenfalls ein Problem nicht lösen: "Die Kontrolle über die gesamte Ukraine ist und bleibt das Ziel des russischen Präsidenten und seiner Machtelite." Zudem strebe Putin eine neue Sicherheitsordnung für Europa an: "Ein Europa, aus dem sich die USA quasi komplett zurückziehen. Ein Europa, das in wesentlichen Teilen dann auch unter russischem Einfluss stehen kann." 

Hybrider Krieg Putins gegen Europa

Viele in der EU und der NATO befürchten, dass Putin in den nächsten Jahren auch andere europäische Länder angreifen könnte. Gloger: "Wladimir Putin hat dem Westen und er hat Europa de facto schon vor vielen Jahren den Krieg erklärt, mit diesem hybriden Krieg, von dem wir jetzt immer sprechen." Da gehe es etwa um Cyberattacken oder Drohnen-Überflüge. "Das sind alles Nadelstiche und Provokationen."

Putins Gegenüber, Wolodymyr Selenskij sei indes in einer extrem schwierigen Position: "Er steht innenpolitisch unter großem Druck im Zusammenhang mit diesem ja wirklich beispiellosen Korruptionsskandal. Die Frage, ob er militärisch weiter durchhalten kann, die wird immer, immer drängender." Die Ukraine brauche im kommenden Frühjahr "viele Dutzend Milliarden Euro an Unterstützung", um den Krieg weiterführen zu können. Diese könne nur aus Europa kommen. Für Selenskij sei es jetzt "eine historische Stunde."

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