Warum ausgerechnet die Ukraine jetzt Waffen exportieren will

Warum ausgerechnet die Ukraine jetzt Waffen exportieren will
Kiew überlegt, das Waffenausfuhr-Verbot aufzuheben. Das könnte der Rüstungsindustrie helfen – und damit wiederum dem Staat.

Es klingt paradox: Warum will ein Land, dessen Staatschef in Dauerschleife  um Waffenhilfe  bittet, auf einmal selbst Rüstungsgüter exportieren?

Die Antwort darauf ist  komplex – und hat viel mit dem klammen ukrainischen Staatsbudget der Ukraine zu tun. Seit Beginn der russischen Invasion 2022 hat das Land ein Ausfuhrverbot auf Rüstungsgüter verhängt, um alle Waffen im Land zu halten. Zeitgleich ist der Waffensektor explodiert – allein im ersten Halbjahr 2024 wurde 25 Mal mehr Munition produziert als im gesamten Jahr 2022, vor allem die Drohnenindustrie boomt. Dennoch steckt die Sparte im Dilemma: Abgesehen von einigen privaten Stiftungen kann die Waffen eigentlich nur der Staat kaufen; dessen Budget beträgt aber nur 6 Milliarden Dollar. Kapazitäten gäbe es aber für Produkte im Wert von 20 Milliarden. 

Lobbyisten machen darum öffentlich Druck auf Parlament und Präsident Selenskij, das Ausfuhrverbot zu kippen. Nur mehr solche Waffen sollen ausgeführt werden, die nicht an der Front benötigt werden – und die sich der Staat ohnehin nicht leisten kann.

Politische Sprengkraft

Dadurch  könnte der Staat bis Ende 2025 bis zu zwei Milliarden Dollar an Steuereinnahmen lukrieren, argumentieren die Rüstungshersteller. Zeitgleich würden  durch die größere Nachfrage die Produktionskosten sinken – und der Staat könnte billiger mehr Waffen kaufen. 

Auch wenn das wirtschaftlich verlockend klingt, politisch ist die Forderung purer Sprengstoff. „Die Partner würden das nicht verstehen“, heißt es aus dem  Außenamt gegenüber Politico; Selenskijs Büro versucht die Debatte klein zu halten, indem man öffentlich um ausländische Investoren wirbt. Fließt deren Geld direkt in ukrainische Firmen, wären Exporte gar nicht mehr  nötig, so der Gedanke.

Auch wenn der Westen willens ist, zu investieren – allein die EU lässt 400 Millionen Euro aus den Zinsen aus eingefrorenen russischen Vermögen an die  Rüstungsindustrie fließen – scheint das die Firmen nicht zu beruhigen. 85 Prozent  überlegen laut Gewerkschaftsumfrage wegen des Exportbanns abzuwandern, einige Firmen haben  ihre Produktion bereits ins nahe Ausland verlegt. 

Dahinter steckt auch die Angst, trotz Booms nicht überleben zu können.  Gerade viele Drohnenfirmen produzieren nur zum Selbstkostenpreis – das gilt ob des Krieges zwar als patriotisch, wirtschaftlich geht das aber  nicht allzu lange gut.