Erfolg bei Gegenoffensive: "Robotyne ist befreit"
Im Juni hat die Ukraine ihre Gegenoffensive begonnen. "Es wird lang, es wird hart, es wird blutig." Mit drastischen Worten verwies US-General Mark Milley auf den Umstand, dass der Gegenschlag gegen die russischen Besatzer seitens der Ukrainer keine Hauruckaktion sein werde, die man von heute auf morgen abschließen könne.
"Das ist keine Show, bei der die ganze Welt zuschaut und Wetten abschließt." Derart formulierte es der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj. Jeder Tag und jeder Meter würden mit Blut erkämpft.
Tatsächlich verzögerten erst Waffen- und Rüstungslieferungen den Start der Gegenoffensive, dann machte mitunter feuchtes Wetter samt tiefen Boden den Truppen einen Strich durch die Rechnung und auch die Anzahl und Dichte der von Russland verlegten Minen bremste die ukrainischen Streitkräfte gehörig aus.
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Nun meldet die Ukraine neue Erfolge bei ihrer Gegenoffensive gegen die russischen Invasionstruppen. Das Militär erklärte am Montag, die strategisch wichtige Siedlung Robotyne im Südosten des Landes sei vollständig zurückerobert.
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Weiters in diesem Artikel:
- Selenskij will Krieg nicht nach Russland tragen
- Selenskij deutet politische Lösung für Krim an
- Muss Russland Militärübung absagen?
- Drohnenangriff auf Moskau
- Flugverkehr auf den Moskauer Flughäfen ausgesetzt
"Robotyne ist befreit worden", erklärte Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar in einer Mitteilung des Militärs.
In weiterer Folge würden die Streitkräfte versuchen, weiter nach Süden vorzustoßen. Das Dorf liegt zehn Kilometer südlich der Frontstadt Orichiw in der Region Saporischschja an einer wichtigen Straße nach Tokmak, einem von Russland besetzten Straßen- und Eisenbahnknotenpunkt.
Die Einnahme von Tokmak wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg der ukrainischen Truppen nach Süden in Richtung Asowsches Meer, um die russischen Streitkräfte im Osten der Ukraine zu spalten.
Das ukrainische Militär hatte bereits in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass die Streitkräfte in Robotyne die Nationalflagge gehisst hätten, das Dorf aber noch vollständig unter Kontrolle gebracht werden müsse. Die Armee geht nach Angaben aus den eigenen Reihen mittlerweile davon aus, die stärkste russische Verteidigungslinie im Süden durchbrochen zu haben und nun schneller vorrücken zu können.
Schwere Kämpfe an der Ostfront
Auch an der Front im Osten habe es zuletzt erbitterte Kämpfe gegeben, sagte Maljar. Die russischen Truppen würden dort neue Kräfte sammeln und sich neu formieren. Russland wolle dort seine besten Truppen einsetzen.
Die ukrainischen Streitkräfte hätten aber ihren Vormarsch südlich der Stadt Bachmut fortgesetzt, die im Mai nach monatelangen Kämpfen von russischen Truppen eingenommen wurde. Sie hätten dort in der vergangenen Woche einen Quadratkilometer zurückerobert.
Selenskij will Krieg nicht nach Russland tragen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij betonte in einem Interview, dass er den Krieg nicht auf russisches Gebiet verlagern wolle. Ziel sei die Befreiung der eigenen Gebiete.
Sollte die Ukraine hingegen weit auf russisches Gebiet vorstoßen, drohe die Gefahr, schnell die Unterstützung westlicher Partner zu verlieren und allein gegen Russland kämpfen zu müssen.
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Politische Lösung für Krim
In dem Interview von Samstag, das am Montagmorgen von mehreren ukrainischen Medien aufgegriffen wurde, hält Selenskij auch eine Verhandlungslösung für die seit 2014 von Russland annektierte Krim für möglich. "Wenn wir an den Verwaltungsgrenzen der Krim sind, denke ich, kann man politisch die Demilitarisierung Russlands auf dem Gebiet der Halbinsel erzwingen", sagte er.
In der Vergangenheit hatte Kiew mehrfach seine Entschlossenheit betont, die Krim militärisch zurückzuerobern. Laut Selenskij wäre eine politische Lösung für die Krim jedoch besser, da sie mit weniger Opfern verbunden wäre.
Derzeit versuchen ukrainische Soldaten im Süden des Landes bei ihrer Offensive, besetzte Gebiete zurückzugewinnen und bis an die Küste zur Krim vorzustoßen. Danach könnte auch die Halbinsel erobert werden.
Muss Russland Militärübung absagen?
Das britische Verteidigungsministerium hält es für sehr wahrscheinlich, dass Russland eine für September geplante Militärübung abgesagt hat. Die Übung Zapad („West“) 23 hätte eigentlich der Höhepunkt des militärischen Ausbildungsjahres sein sollen, schrieben die Briten am Montag in ihrem täglichen Update beim Kurznachrichtendienst X. Die vorherige Aktion Zapad 21 sei die größte russische Übung seit sowjetischen Zeiten gewesen.
„Die unzureichende Leistung des russischen Militärs in der Ukraine hat gezeigt, dass gemeinsame strategische Übungen nur begrenzten Wert hatten und hauptsächlich der Show gedient haben“, schrieb das Ministerium. Russland habe Zapad 23 wahrscheinlich abgesagt, weil zu wenige Truppen und Ausrüstung verfügbar seien. Womöglich befürchte die Führung auch Kritik im Land, wenn sie eine weitere glanzvoll präsentierte Militärübung in Kriegszeiten abhalte.
Drohnenangriff auf Moskau
Die russische Luftabwehr hat nach Angaben russischer Behörden in der Nacht auf Montag eine Drohne nahe der Hauptstadt Moskau und zwei weitere in der an der Grenze zur Ukraine gelegenen Region Brjansk zerstört.
Wie Moskaus Bürgermeister Sergej Sobjanin am Montag auf Telegram mitteilte, zerstörte die russische Luftabwehr im Bezirk Ljubertsyj südöstlich der russischen Hauptstadt eine "Drohne, die in Richtung Moskau flog". Opfer oder Schäden habe es aber keine gegeben, hieß es.
Flugverkehr auf den Moskauer Flughäfen wurde ausgesetzt
Auch das russische Verteidigungsministerium teilte mit, dass die Luftabwehr gegen 04.30 Uhr (03.30 MESZ) eine Drohne über dem Bezirk Ljubertsyj zerstört habe. Es machte Kiew für den versuchten Angriff verantwortlich.
Wie die staatliche Nachrichtenagentur TASS unter Berufung auf die Luftfahrtbehörde berichtete, wurde der Flugverkehr auf den Moskauer Flughäfen Domodedowo und Wnukowo ausgesetzt.
Zwei Drohnen an Grenze zur Ukraine zerstört
Darüber hinaus teilte das Verteidigungsministerium auf Telegram mit, dass zwei weitere Drohnen von der Luftabwehr über der Region Brjansk an der Grenze zur Ukraine zerstört worden seien. Zu möglichen Opfern oder Schäden äußerte sich das Ministerium zunächst nicht.
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Offenbar verstärkt Drohnenangriffe auf russische Ziele
In den vergangenen Tagen wurden sowohl die russische Hauptstadt als auch andere Regionen in Russland verstärkt Ziel ukrainischer Drohnenangriffe. Vergangene Woche waren in der Region Belgorod nach Angaben der Behörden drei Zivilisten durch einen von ukrainischen Streitkräften mittels einer Drohne abgefeuerten Sprengsatz getötet worden. Am selben Tag traf eine Drohne ein Hochhaus in einem Moskauer Geschäftsviertel.
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