Worum bei einem Ukraine-Friedensplan gerade gefeilscht wird
Massive Zerstörungen im Donbass: Bis hier eine Sonderwirtschaftszone entstehen kann, braucht es Milliarden, Zeit und eine politische Lösung
US-Präsident Donald Trump reißt der Geduldsfaden: „Der Präsident ist äußerst frustriert über beide Seiten dieses Krieges“, weiß Trumps Sprecherin Karoline Leavitt. „Er will keine weiteren Gespräche mehr, sondern Taten sehen. Er will, dass dieser Krieg zu Ende geht.“ Dafür ließ der US-Präsident dem ukrainischen Staatschef Wolodimir Selenskij einen neuen Vorschlag zukommen: Die Ukraine solle ihre Truppen aus der umkämpften Donbass-Region abzuziehen, um in den von Kiew kontrollierten Teilen der Ostukraine eine „freie Wirtschaftszone“ zu schaffen.
In einem ersten, vor drei Wochen veröffentlichten 28-Punkte-Plan hatten die USA noch vorgeschlagen, dass die Ukraine sich völlig aus dem Donbass zurückzieht und das Gebiet Russland überlässt. Nun sehe der vermeintliche Kompromiss so aus, schilderte Selenskij vor Journalisten, "dass russische Streitkräfte dieses Gebiet nicht betreten Wer es dann regieren wird, das sie als ‚freie Wirtschaftszone‘ oder ‚entmilitarisierte Zone‘ bezeichnen – das wissen sie nicht … So oder so ähnlich sieht die Kompromissvorstellung der Vereinigten Staaten von Amerika heute aus.“
Keine Sicherheitsgarantien
Entsprechend skeptisch reagierte der ukrainische Präsident auf den jüngsten Vorschlag - es gebe keine Garantie, dass Russland nicht sofort wieder seine Soldaten losschicke, um das Gebiet zu erobern.
Mit maximalem Druck treiben die USA die Verhandlungen zwischen Kiew und den Europäern eierseits sowie mit Moskau andererseits voran, offensichtlich gebe es die Hoffnung, so berichten Beobachter, noch vor Weihnachten eine Einigung zu erzielen.
Bisher lehnte Russland aber jegliches Entgegenkommen ab.
Was die USA vor allem hingegen von Selenskij erwarten, ist eine Form von territorialen Zugeständnissen. Dieser brachte nun die Idee ins Spiel, die ukrainische Bevölkerung abstimmen zu lassen: „Das ist eine Frage, die das ukrainische Volk beantworten muss“, sagte er. „Entweder in Form von Wahlen oder in Form eines Referendums.“
Moskau und Washington fordern von Kiew den Rückzug aus etwa einem Fünftel der Provinz Donezk und einem kleinen Teil der benachbarten Provinz Luhansk, die sich noch unter ukrainischer Kontrolle befinden. Zusammengenommen bilden die beiden Provinzen Donezk und Luhansk den Donbass – eine weitläufige Steppe, die etwa halb so groß wie England ist.
Dass die Ukraine sich auf einen Kompromiss einlassen muss, wird mittlerweile auch in Kiew akzeptiert, „aber dieser Kompromiss muss fair sein“, sagt Selenskij.
Er pocht auch darauf, dass in einem künftigen Friedensvertrag fixiert sein soll, dass die Ukraine EU-Mitglied wird.
Die EU ihrerseits hat einen 10-Punkte-Plan entwickelt, der die Ukraine bei ihrem Bestreben nach einem Beitritt voranbringen soll. Dabei werden die Schritte umrissen, die Kiew im kommenden Jahr unternehmen muss, um die Rechtsstaatlichkeit zu verbessern, die Korruption weiter zu bekämpfen und das Justizwesen zu stärken. Das sind Teil der Reformen, die für eine EU-Mitgliedschaft erforderlich sind.
"Wir sehen die Mitgliedschaft der Ukraine in der EU als den politischen Arm der europäischen Sicherheitsgarantie für die Ukraine", sagte EU-Erweiterungskommissarin Marta Kos am Donnerstag bei einem informellen Ministertreffen im ukrainischen Lwiw.
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