Türkei: Erdogan verschafft sich Zugriff auf Menschenrechtsgruppen

Türkei: Erdogan verschafft sich Zugriff auf Menschenrechtsgruppen
Ein neues Gesetz verschafft der Regierung in Ankara die Kontrolle über Hilfsorganisationen und alle NGOs.

Kreml-Herr Wladimir Putin hat Russlands NGOs mit ähnlichen Gesetzen schon an die Kandare genommen. Jetzt schlägt auch der türkische Präsident Erdogan zu: Menschenrechtsorganisationen und Bürgerrechtler, kurz alle NGOs in der Türkei können unter mehr als vagem Terrorismus-Verdacht kontrolliert und in ihrer Aktivität eingeschränkt, ja sogar gänzlich verboten werden.

Willkürakt

Das türkische Parlament hat umstrittene Bestimmungen zur Regulierung von zivilgesellschaftlichen Organisationen beschlossen. Eine Mehrheit der Abgeordneten in Ankara stimmte in der Nacht auf Sonntag für ein entsprechendes Gesetz. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass das Innenministerium damit mehr Macht über Nichtregierungsorganisationen erhält. Dadurch könnten NGO-Aktivitäten „willkürlich“ eingeschränkt werden. "Dieses Gesetz gibt dem Innenministerium die Macht, jede beliebige NGO zu schließen, ohne das Recht auf Einspruch", kritisiert ein Vertreter von Amnesty International das Gesetz gegenüber der "Financial Times": "Damit gibt es die Möglichkeit, auch alle Hilfsorganisationen und Bürgerrechtsgruppen zuzusperren."

Kampf gegen Massenvernichtungswaffen


Das Gesetz soll dem Titel nach dazu dienen, die Finanzierung und Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen zu verhindern. Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hatte aber schon im Vorfeld kritisiert, dass sich ein großer Teil mit der Regulierung unabhängiger Gruppen beschäftige.

Warnung vor Missbrauch

So erhält das Innenministerium das Recht, ein Gruppenmitglied von seiner Position zu suspendieren, wenn gegen die Person unter anderem unter dem Gesetz zur Verhinderung der Finanzierung von Terrorismus und im Zusammenhang mit deren zivilgesellschaftlichen Aktivitäten ermittelt wird. Das Ministerium kann demnach die Aktivitäten der gesamten Organisation aussetzen. Dies müsse einem Gericht vorgelegt werden, das innerhalb von 48 Stunden über den Fall entscheide.
HRW kritisiert, dass Gesetze zum Kampf gegen Terrorismus in der Türkei oft missbräuchlich verwendet würden. Die islamisch-konservative Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte das Gesetz ins Parlament eingebracht. Sie hat in Allianz mit der ultranationalistischen Partei MHP eine Mehrheit.

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