Trump macht ernst: 30 Prozent Zoll für die EU

Eigentlich hätte die Frist ja bis zum 1. August gegolten. Doch Donald Trump ist nicht bekannt dafür, sich an Abmachungen zu halten, schließlich ist Unberechenbarkeit Teil seiner Strategie. Am Samstag hat diese Launenhaftigkeit Brüssel zu spüren bekommen: Der US-Präsident hat mitten in den Zollverhandlungen mit der EU einen Brief auf seinem hauseigenen Social-Media-Dienst Truth Social veröffentlicht, in dem er Zölle in Höhe von 30 Prozent ankündigt. In Kraft treten soll die Maßnahme mit 1. August.
Verwundern dürfte das in Brüssel niemanden, schließlich hatte Trump schon am Donnerstag angekündigt, „binnen der nächsten Stunden“ einen Brief an die Europäer zu schicken. Nicht gerechnet hat man in Europa wohl aber mit der Höhe: Seit April gilt ja bereits ein Basiszoll von zehn Prozent auf alle US-Importe aus der EU, dazu kommen Sonderzölle auf bestimmte Produkte, etwa Stahl und Aluminium oder Autos; bei Stahlimporten schlagen die USA 50 Prozent drauf. Diese Importe verteuern sich durch die neue Maßnahme empfindlich: Die 30 Prozent werden nämlich auf die sektoralen Zölle aufgeschlagen.
Handelsdefizit nicht so groß wie Trump sagt
In dem Brief begründet Trump den Schritt gewohnt geräuschvoll. Das Handelsdefizit mit der EU sei so groß, dass es „eine große Bedrohung für unsere Wirtschaft und sogar für unsere nationale Sicherheit“ sei, schreibt er, samt Rufzeichen am Ende. Das – und das Faktenverbessern ist ja eine zweite Spezialität Trumps – jedoch nicht ganz richtig. Im Warenhandel klafft tatsächlich eine massive Lücke zwischen Europa und den USA, die Amerikaner importierten im Vorjahr um 200 Milliarden mehr an Autos, Medikamenten und Ähnlichem, so die Eurostat-Statistik.
Rechnet man aber Dienstleistungen hinzu, sieht die Sache anders aus: Europa ist Hauptabnehmer amerikanischer Dienstleistungen, das Gros dabei liefern die US-Tech-Riesen Amazon, Google oder auch Netflix. Hier beträgt der Überschuss auf amerikanischer Seite 150 Milliarden, Tendenz massiv steigend; damit ergibt sich ein fast ausgeglichenes Bild.
Tech-Riesen im Visier
Die großen Tech-Konzerne sind wohl der Grund, warum Trump die Zollbarriere für Europa so hoch ansetzt. Brüssel hat Google und Konsorten seit geraumer Zeit juristische Daumenschrauben angesetzt; fehlende Moderation etwa zieht durch die Strafen nach sich, was etwa für Elon Musks X ein Problem ist.
Dass die EU den Tech-Unternehmen zusätzlich mit einer Digitalsteuer drohte, um an den immer größer werdenden Gewinnen, die die US-Unternehmen auch in Europa machen, zu partizipieren – Amazon etwa zahlt trotz Milliardenumsätzen in Europa ja keine Steuern – sorgte im Weißen Haus für Wutausbrüche. Zwar ließ Brüssel just am Freitag durchsickern, dass man die Pläne zurückzudrehen gedenke, aber dieser Schritt dürfte zu spät gekommen sein, zumindest in Trumps Wahrnehmung.
Die Digitalsteuer, die fast ausschließlich US-Unternehmen getroffen hätte, soll durch eine breitere Abgabe ersetzt werden – sie soll für alle Firmen gelten, die in der EU tätig sind, und einen Nettoumsatz von mehr als 50 Millionen Euro erwirtschaften, unabhängig von ihrem Hauptquartier. Das würde die Tech-Riesen auch miteinschließen, sie aber nicht so sehr ins Visier nehmen.
In Brüssel verhielt man sich recht zurückhaltend. Kommissionspräsidentin Von der Leyen wiederholte, dass man weiterverhandeln wolle; Ende der Woche hatte die EU ja noch große Hoffnungen auf ein Rahmenabkommen mit den USA gehabt. Einigt man sich bis 1. August, wären die 30 Prozent obsolet.
Beobachter sehen in Trumps Ankündigungen ebenso wie die EU-Reaktion ohnehin eher einen Verhandlungspoker. Als Teil davon wollte Von der Leyen auch Gegenzölle nicht ausschließen – dafür hat Trump aber schon vorgesorgt: Der Tarif, den die EU fordern würde, würde er einfach auf die 30 Prozent aufschlagen, schrieb er in seinem Brief.
50 Prozent: Auf alle Kupfer-Importe
50 Prozent: Auf Waren aus Brasilien
35 Prozent: Auf Waren aus Serbien und Bangladesch
30 Prozent: Auf Waren aus der EU, Mexico, Kanada, Algerien, Libyen, Laos, Sri Lanka, Irak
25 Prozent: Auf Waren aus Japan, Südkorea, Moldau, Brunei, Malaysia und Tunesien,
20 Prozent: Waren aus den Philippinen
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