Jüngste Syrien-Eskalation laut Trump "Gerangel unter Kindern"

Jüngste Syrien-Eskalation laut Trump "Gerangel unter Kindern"
Die USA hatten am Donnerstag überraschend eine Waffenruhe im Nordsyrien-Konflikt verkündet.

US-Präsident Donald Trump hat die militärische Auseinandersetzung zwischen der Türkei und Kurdenmilizen in Nordsyrien mit einem Gerangel zwischen zwei Kindern verglichen. "Manchmal muss man sie ein bisschen kämpfen lassen", sagte Trump am Donnerstagabend (Ortszeit) bei einem Wahlkampfauftritt in Dallas im US-Bundesstaat Texas mit Blick auf den Konflikt.

"Wie zwei Kinder (...), und dann zieht man sie auseinander." Beide Seiten hätten mehrere Tage gekämpft, doch US-Vizepräsident Mike Pence und US-Außenminister Mike Pompeo hätten am Ende eine Einigung erzielt, ohne dass auch nur ein Tropfen amerikanisches Blut vergossen worden sei. Seit Beginn des türkischen Einmarschs in Nordsyrien vor einer Woche wurden Aktivisten zufolge aber Dutzende Zivilisten und Hunderte Kämpfer auf beiden Seiten getötet.

"Ein großartiger Erfolg"

Nun habe man habe sich auf "eine Pause oder eine Waffenruhe" verständigt, sagte Trump. Dies sei ein großartiger Erfolg.

Die USA hatten am Donnerstag überraschend eine Waffenruhe im Nordsyrien-Konflikt verkündet. Die Türkei habe zugesagt, ihren Militäreinsatz gegen kurdische Milizen für fünf Tage zu stoppen, sagte Pence nach Gesprächen in Ankara. Ziel sei, dass die Kämpfer der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) abziehen können. Nach dem vollständigen Abzug der Kurdenmilizen solle die Offensive ganz beendet werden. Die Kurdenmilizen stimmten der Einigung zunächst zu. Die türkische Seite sprach ausdrücklich nicht von einer Waffenruhe, sondern von einer Unterbrechung der Offensive.

Fünf tote Zivilisten nach Luftangriff

Ob Waffenruhe oder Unterbrechung: Trotz der getroffenen Vereinbarung schweigen im Norden Syriens nach Angaben von Kurden und Beobachtern nicht überall die Waffen. Rund um die Grenzstadt Ras al-Ain kam es am Freitag zu Gefechten und Luft- und Artillerieangriffen, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete. Dabei seien mindestens sieben Zivilisten und vier syrische Kämpfer getötet worden, hieß es.

Mindestens 21 weitere Personen wurden laut Angaben der in Großbritannien angesiedelten Beobachtungsstelle verletzt. Der Sprecher der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Mustafa Bali, warf der Türkei vor, gegen die Abmachung zu verstoßen. "Die Türkei verletzt die Waffenruhe mit ihren anhaltenden Angriffen auf die Stadt seit letzter Nacht", schrieb Bali auf Twitter. Neben Stellungen der Kämpfer seien auch zivile Einrichtungen und ein Krankenhaus in der Stadt Ras al-Ain angegriffen worden. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wies Berichte über Kämpfe als "Spekulation und Desinformation" zurück.

Die Türkei betrachtet die YPG, die an der Grenze zur Türkei ein großes Gebiet kontrolliert, als Terrororganisation. Für die USA waren die Kurden dagegen lange Verbündete im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Der türkische Einsatz wurde international scharf kritisiert und teilweise erst durch einen US-Truppenabzug aus dem Grenzgebiet ermöglicht.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat der Türkei unterdessen Kriegsverbrechen in Nordsyrien vorgeworfen. Die türkischen Streitkräfte und ihre syrischen Verbündeten hätten bei ihrer Militäroffensive gegen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) "Kriegsverbrechen, Massentötungen und unrechtmäßige Angriffe" verübt, teilte Amnesty am Freitag mit.

"Vollkommene Gleichgültigkeit gegenüber Leben"

Die Organisation erklärte, über "erdrückende Beweise für willkürliche Angriffe in Wohngebieten" zu verfügen. Amnesty-Generalsekretär Kumi Naidoo bescheinigte der türkischen Armee und ihren syrischen Verbündeten eine "vollkommene Gleichgültigkeit gegenüber dem Leben von Zivilisten". Dem Amnesty-Bericht zufolge griffen die von Ankara kontrollierten Streitkräfte unter anderem ein Wohnhaus, eine Bäckerei und eine Schule an.

Amnesty beruft sich auf Videoaufnahmen sowie Aussagen von 17 Zeugen, unter ihnen Rettungskräfte, medizinisches Personal, humanitäre Helfer, Vertriebene und Journalisten. Ein kurdischer Mitarbeiter des Roten Kreuzes sagte demnach, er habe nach einem türkischen Luftangriff am 12. Oktober in der Nähe einer Schule verkohlte Leichen aus einer Ruine getragen. Die türkische Regierung kommentierte den Amnesty-Bericht zunächst nicht.

 

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