Trump eskaliert Machtkampf mit US-Notenbank: Was wirklich dahintersteckt

Trump würde Powell gerne seine Zinspolitik diktieren.
Der US-Präsident will eine Notenbank-Gouverneurin entlassen, er braucht die FED aber vor allem als Instrument für seine Politik

Es war die nächste Eskalation in einem ohnehin seit Monaten offen ausgetragenen Konflikt: US-Präsident Donald Trump hat angekündigt, Lisa Cook, eine der sieben Gouverneure der US-Notenbank FED zu entlassen. Die weigert sich, das hinzunehmen, der Präsident habe keinerlei Handhabe für einen solchen Schritt.

Offiziell geht es Trump um Cooks private Finanzgeschäfte, er unterstellt ihr "grobe Fahrlässigkeit" im Umgang mit einigen Hypothekenverträgen, in Wahrheit aber brauche der US-Präsident, so analysieren das Finanzmarktexperten in Washington, eine Notenbank, die nach seiner Pfeife tanzt - und das in dem  Tempo, das er für seine schnellen und oft widersprüchlichen Entscheidungen braucht. Zu allererst aber braucht Trump eine rasche Senkung der US-Leitzinsen, die derzeit noch bei 4,5 Prozent liegen. Sein wahrer Gegner ist also der Chef der Notenbank, Jerome Powell. Ihn nennt er "zu wütend, zu dumm und zu politisch."

Arbeitsmarkt hat sich eingebremst

Powell zeigt sich eigentlich versöhnlich, von Radikalopposition keine Spur. Für den Herbst wird fix mit einer Zinssenkung gerechnet. Doch Trump will den radikalen Schnitt, nennt Powell einen feigen Zauderer, einen "Mr. zu Spät" und spricht offen von Leitzinsen von rund einem Prozent, die er bald sehen möchte.

Im Weißen Haus spürt man also Zeitdruck, denn die US-Wirtschaft, obwohl in viel besserer Verfassung als der EU-Raum, zeigt erste Zeichen der Schwäche. Die Arbeitslosigkeit liegt derzeit bei rund vier Prozent, ist also weiterhin niedrig, allerdings auch deshalb, weil sowohl Angebot als auch Nachfrage bei Arbeitskräften stagnieren: Die Firmen stellen nicht ein und viele Menschen haben sich zugleich ganz vom Arbeitsmarkt zurückgezogen, ein Phänomen, das in den USA viel häufiger zu beobachten ist als in Europa.

Die Zölle heizen schon die Inflation an

Powell und die FED halten sich bei Zinssenkungen vor allem deshalb zurück, weil sie die Inflation nicht weiter anheizen wollen. Derzeit ist die mit 2,7 Prozent zwar nur mäßig erhöht, der Trend aber zeigt eindeutig nach oben. Die Preise aber treibt nicht die wachsende Wirtschaft nach oben, sondern Trumps Zollpolitik. Schon jetzt haben die Zölle die Inflation um rund ein Prozent erhöht. Während also die Staatskasse durch die Zölle bereits jetzt zusätzliche Einnahmen von Hunderten Milliarden verbucht, bekommen die Konsumenten die Kehrseite davon zu spüren - und das wird umso heikler, je näher man der Herbstsaison und dem Weihnachtsgeschäft kommt.

Der Aktienmarkt soll neuen Schwung bekommen

Der private Konsum im Inland aber ist in den USA der wichtigste Wirtschaftsmotor, viel wichtiger als etwa in Deutschland, oder Österreich, wo man vor allem vom Export abhängt. Die Konsumlaune der Amerikaner hängt von mehreren Faktoren ab, wichtig ist etwa der Aktienmarkt. Der reagiert grundsätzlich positiv auf Zinssenkungen, weil wieder mehr Geld in Aktien geht. Steigt der Markt, merken das in den USA auch die Normalbürger auf ihren Aktiendepots und geben freizügiger Geld aus, wenn es sein muss auch auf Kredit. Auch der Immobilienmarkt gerät wieder in Bewegung, erstens weil durch die billigeren Kredite wieder mehr gebaut wird, aber auch weil sich wieder mehr Menschen ein neues Heim zulegen. "Lasst doch die Menschen endlich wieder Häuser kaufen und auf Kredit finanzieren", schrieb Trump kürzlich in einer seiner Social-Media-Botschaften, in denen er schnelle Zinssenkungen forderte.

Staatsschulden müssen finanziert werden

Zugleich müssen die USA ihre rasant wachsenden Staatsschulden finanzieren. Die liegen inzwischen bei mehr als 100 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Steuersenkungen, die der Präsident kürzlich in seiner "großen, schönen"-Vorlage präsentiert hatte, kosten den Staat auch einiges Geld. Mit mehr als sechs Prozent Budgetdefizit rechnet man heuer. Zwar haben die USA grundsätzlich nie ein Problem, sich Geld auf den internationalen Finanzmärkte zu besorgen, aber niedrigere Leitzinsen machen diese Schulden auf jeden Fall billiger.

Der Präsident hat schon in seiner ersten Amtszeit auf das Anheizen der Wirtschaft ohne Rücksicht auf unangenehme Konsequenzen gesetzt und damit, zumindest nach Ansicht der US-Wähler, Recht behalten. Die empfanden diese Amtszeit im Rückblick als wirtschaftliche Hochphase und schenkten ihm vor allem deshalb 2024 wieder das Vertrauen. Den gleichen "wilden Ritt" wieder zu versuchen, sei riskant, urteilt etwa der britische "Economist" und warnt vor einer drohenden Mischung aus wachsender Inflation bei zugleich stagnierender Wirtschaft. Trumps werde mit seinem "Kreuzzug für niedrige Zinsen" zuletzt an sich selbst scheitern.

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