Angriff auf US-Unis: Wie Trump internationale Studierende aus dem Land treibt
Die Elite-Uni Harvard geriet ins Visier der Trump-Regierung.
An der SUNY bereiten sich die Studierenden gerade auf die Finals Week vor. Mitte Dezember stehen an der State University of New York die letzten Prüfungen vor den Weihnachtsferien an. Heuer werden sie besonders viele ablegen: Zum dritten Mal in Folge ist die Gesamtzahl der Studierenden an dem Hochschulverbund gestiegen. "SUNY ist auf dem Vormarsch", lobt New Yorks Gouverneurin Cathy Hochul.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit: Die Zahl internationaler Studierender ist im aktuellen Semester nämlich gesunken, in Graduiertenprogrammen um fast 14 Prozent.
Ein Fünftel weniger internationale Studierende
Damit steht SUNY sogar noch besser da als andere Hochschulen in den Vereinigten Staaten. Laut aktuellen Daten von 825 Bildungsstätten im Land sind die Neueinschreibungen aus dem Ausland um 17 Prozent zurückgegangen. Es ist der stärkste Einbruch seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1948, berichtet die Financial Times (abgesehen von der Pandemie). Allerdings: Der Gesamtanteil ausländischer Studierender - also nicht nur der Neueinschreibungen - ist nur minimal gesunken.
Hintergrund ist die restriktive Hochschul- und Einwanderungspolitik von US-Präsident Donald Trump. Er wirft den Universitäten im Land unter anderem eine linksliberale Ausrichtung und Antisemitismus vor - und internationalen Studierenden, ein Sicherheitsrisiko zu sein. Seit Februar entzog seine Regierung Tausende von Studentenvisa, verschärfte Reisebeschränkungen und Zulassungsvoraussetzungen (Social-Media-Profile werden auf "anti-amerikanische Ansichten" geprüft) und setzte Visa-Verfahren teilweise aus. Weiters ließ der US-Präsident viele Millionen Bildungsgelder streichen.
Visa nicht rechtzeitig ausgestellt
Die Folge: Viele internationale Bewerber erhielten ihre Visa nicht rechtzeitig zum Semesterstart, durften nicht einreisen oder verloren das Vertrauen in den Studienstandort USA. Viele hätten Benken, "sich in den Vereinigten Staaten nicht willkommen zu fühlen", hieß es in der Umfrage bei den 825 Bildungsstätten etwa.
Eine Kundgebung für internationale Studierende an der Universität Stanford im Mai.
Die Verunsicherungen bei internationalen Studenten sei groß, sagt auch Sarah, die seit 2024 in Arizona studiert und im Mai ihren Master abschließt. Sie muss demnächst ihr Visum verlängern, die Hintergrundchecks dafür seien sehr streng geworden und nicht immer nachvollziehbar. Ihren echten Namen will sie nicht nennen. „Das Risiko bei mir ist nicht sehr groß, weil ich weiß bin und die österreichische Staatsbürgerschaft habe. Aber die Angst ist da", sagt sie zum KURIER.
Schon in ihrem Bewerbungsprozess für ihr Stipendium, also vor der letzten Präsidentschaftswahl, sei eine mögliche zweite Amtszeit Trumps ein großes Thema gewesen erzählt sie. "Aber wir haben nicht gedacht, dass sich die Lage so stark verändern wird." Seit der Republikaner zurück im Weißen Haus ist, wurden ihrer Universität Fördergelder gestrichen, ganze Departments geschlossen. Das Institut, auf dem Sarah nebenbei arbeitet, müsse inzwischen auf Spenden zurückgreifen - "und wir wissen nicht, wie lang das noch geht".
Wirtschaftliche Folgen
Wie sehr Trumps Kahlschlag auf das Bildungssystem die US-Wirtschaft trifft, zeigen neue Zahlen der US-Bildungsorganisation NAFSA: Demnach bedeute der aktuelle Rückgang internationaler Studierender einen Verlust von 1,1 Mrd. US-Dollar und 23.000 Arbeitsplätzen. Im Vorjahr trugen Internationals insgesamt 44 Mrd. Dollar zur US-Wirtschaft bei und sicherten 355.000 Arbeitsplätze.
Vielleicht auch deshalb ließ der US-Präsident, der sich vor allem als Geschäftsmann versteht, inzwischen mit einem Kurswechsel aufhorchen: Nachdem er im September ankündigt hatte, 600.000 Studentenvisa an Chinesen auszustellen - etwa doppelt so viele wie derzeit - und seine MAGA-Basis dagegen Sturm lief, sagte er Anfang November auf Fox News: "Es geht mir nicht darum, dass ich sie unbedingt haben will, sondern ich betrachte es als Business.“
Sarah bewirbt sich indes bereits für einen PHD. Sie würde eigentlich gerne in den USA bleiben, von drei Professoren hat sie aber bereits Absagen bekommen: Die Programme an ihren Universitäten werden ausgesetzt. Parallel schaut sie sich auch in EU-Ländern um.
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