Auf Drängen der USA: NATO beschließt 5-Prozent-Ziel, Trump degradiert Selenskij

Zusammenfassung
- Wolodimir Selenskij wird von der NATO an die Seitenlinie gestellt, wegen der USA unter Trump.
- Europäische NATO-Mitglieder haben sich unter US-Druck verpflichtet, die Verteidigungsausgaben auf 5% des BIP zu erhöhen.
- Trump sät Zweifel an der US-Beistandspflicht unter Artikel 5, was innerhalb der NATO für Unruhe sorgt.
Auf der offiziellen Tagesordnung der NATO steht er bewusst nicht, der Termin mit Wolodimir Selenskij: Vor einem Jahr war der ukrainische Präsident noch der Stargast beim Treffen der Verteidigungsallianz, heuer hat ihn US-Präsident Donald Trump vor allen Augen zum Nebendarsteller gemacht - ein Treffen mit dem Ukrainer sei "wahrscheinlich", sagte er, mehr nicht. Die Europäer zeigten sich am Dienstag mit ihm, aber mehr als die üblichen Vertrauensbekundungen hörte man da auch nicht.
Seit vergangenem Jahr hat sich viel verändert, in Washington und in Kiew ebenso: Die Ukrainer sind an der Front im Hintertreffen, und die USA unter Trump haben kein Interesse an dem Krieg, anders als im Nahen Osten. Das wird auch den NATO-Staaten in Europa langsam bewusst: Sie haben sich - nach langem Druck der USA - auf eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben verständigt. Jeder Bündnispartner verpflichtet sich, spätestens ab 2035 jährlich fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung und Sicherheit zu investieren.
Doch Russland, die bisher größte Bedrohung für die Allianz, steht nicht mehr als großer Schatten im Raum. Im Abschlussdokument, das ja von allen 32 Mitgliedern des Bündnisses abgenickt werden muss, steht nur mehr vage, dass Moskau "schlecht" sei, das war ein Wunsch der Amerikaner. Die Ukrainer werden nur nebenbei erwähnt.
Für Selenskij, der ja schon seine traurigen Erfahrungen mit dem US-Präsident gemacht hat - man erinnere sich an die öffentliche Degradierung im Oval Office - ist es darum ein Spießrutenlauf. Sein Team hat bekanntgegeben, dass das Gespräch um 13.30 Uhr beginnen soll, allerdings ohne Kameras. Selenskij schrieb nach dem Treffen in Online-Netzwerken, die Unterredung mit Trump sei "lang und substanziell" gewesen. "Wir haben darüber gesprochen, wie wir einen Waffenstillstand und echten Frieden erreichen können", erklärte Selenskij. "Wir haben darüber gesprochen, wie wir unser Volk schützen können."
Trump äußerte sich im Anschluss an das Treffen ebenfalls positiv. Das Gespräch "hätte nicht angenehmer sein können", sagte Trump und fügte mit Blick auf Selenskij an: "Zwischen uns hat es ja manchmal ein bisschen gerumpelt, aber er hätte nicht netter sein können."
Beistandspflicht - wofür?
Innerhalb der NATO sorgt Trump indes mit einem anderen Thema für Verwerfungen. Er hat, wie auch in der Vergangenheit schon, wieder Zweifel daran gesät, ob die USA im Falle eines russischen Angriffs den Europäern tatsächlich zur Seite stehen würden. Auf dem Flug zum Gipfel war Trump von einer Journalistin gefragt worden, ob er zu Artikel 5 stehe; er sagte darauf kryptisch: Das hänge von der Definition ab. Und es gebe "viele Definitionen von Artikel 5".
Die NATO reagierte wie immer mit demonstrativer Geschlossenheit. "Für mich ist klar, dass sich die Vereinigten Staaten voll und ganz der NATO und Artikel 5 verpflichtet haben“, sagte NATO-Chef Mark Rutte. Dass Trump zuvor ein SMS von ihm veröffentlicht hatte, störte ihn - zumindest öffentlich - nicht: Für ihn sei das "vollkommen okay". Wörtlich hatte er dem US-Präsidenten Rutte mit Blick darauf, dass die Verbündeten ihre Verteidigungsausgaben deutlich erhöhen werden, geschrieben: „Es war nicht einfach, aber wir haben sie alle dazu gebracht, die 5-Prozent-Zusage zu unterzeichnen! Donald, Du hast uns zu einem wirklich, wirklich wichtigen Moment für Amerika, Europa und die Welt geführt. Du wirst etwas erreichen, was KEIN amerikanischer Präsident seit Jahrzehnten geschafft hat.“
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