Epstein-Skandal: Warum die Wut auf Trump immer größer wird

Unter Amerikas Umfrage-Instituten gibt es keines, das Donald Trump so konstant die Stange hält wie Rasmussen. Wo andere „Pollster“ den 47. Präsidenten bei seinen Beliebtheitswerten unter Wasser sehen, erkennt Rasmussen stets Hoffnungsvolles in den Prozentzahlen.
Dann kam der Fall Jeffrey Epstein. Und alles ist dahin. Plötzlich glaubt Rasmussen-Zahlen-Guru Mark Mitchell, dass Trump – der in den 90er-Jahren mit dem Finanzinvestor und Multimillionär eng befreundet war, der systematisch minderjährige Frauen missbraucht und über einen Sexhandelsring prominenten Dritten aus der High Society zugeführt haben soll – vor einem „Waterloo“-Moment steht.
Große Zweifel
Der Grund: Während Trump die heftige öffentliche Aufregung um die Art und Weise, wie sein Justizministerium und die Bundespolizei FBI mit der von Verschwörungstheorien umrankten Epstein-Affäre umgehen, am liebsten wegwischen will, ist das amerikanische Volk auf der Gegengeraden.
Laut Rasmussen glauben 56 Prozent dem FBI und dem Justizministerium nicht, dass der verurteilte Sexhändler keine „Kundenliste“ hatte, aus der die Nutznießer des über 20 Jahre gelaufenen Missbrauchs ersichtlich würden, von dem über 200 Frauen betroffen sein sollen. Fast 70 Prozent der Befragten finden, dass es „Dutzende mächtiger und wohlhabender Straftäter gibt, die sich der Justiz stellen müssen“.
Fast 50 Prozent glauben, dass Epstein, anders als zuletzt von Justizministerin Pam Bondi und FBI-Chef Kash Patel beteuert, im August 2019 in seiner New Yorker Gefängniszelle in New ermordet wurde, um einen weitreichenden Skandal, in den politische und wirtschaftliche Eliten verwickelt seien, zu vertuschen.
Allein der Versuch der Behörden, den offiziell attestierten Suizid des damals 66-Jährigen mit stundenlangen Videos vom Bereich seiner Zellentür nochmals zu beglaubigen, ging nach hinten los. Durch Recherchen des Magazins Wired kam heraus, dass auf einem der veröffentlichten Videos fast drei Minuten fehlen. Eine plausible Erklärung dafür fehlt bis heute. Am wichtigsten: Während Trump seit Tagen krampfhaft dazu aufruft, den Fall zu ignorieren („Er ist lange tot. Das ist ziemlich langweiliges Zeug. Es ist schmutzig, aber langweilig“), hält weniger als ein Fünftel der Amerikaner die Skandalaufbereitung für abgeschlossen.
Gefordert wird mit immer lauterem Crescendo die vollständige Herausgabe der Akten. Auslöser dafür war vor allem Pam Bondi selbst. Die von Trump handverlesene Justizministerin, die sich zuweilen wie seine Privat-Anwältin aufführt, hatte im Februar im Fernsehen erklärt, dass Epsteins „Kundenliste“ auf ihrem Schreibtisch liege und nach der Auswertung veröffentlicht werde.
Die Wut ist groß
Heute bestreitet sie die Existenz besagter „client list“, will keine weiteren Details mehr aus den Epstein-Akten freigeben. Das Erstaunlichste: Die Wut auf Trump, der konsequent der Frage aus dem Weg geht, ob er persönlich in der Epstein-Akte auftaucht und darüber offiziell von Bondi informiert wurde, ist nirgends größer als an seiner eigenen Wählerbasis. Wo normalerweise alles verziehen wird, was sich der 79-Jährige leistet, herrscht tiefe Verdrossenheit, ja Wut.
Vertraute wie die Abgeordneten Marjorie Taylor Greene und Lauren Boebert verlangen einen Sonderermittler und wollen, dass Epsteins „Zuhälterin“ Ghislaine Maxwell, die eine 20-jährige Gefängnisstrafe absitzt, im Kongress aussagt. Mike Johnson, der Sprecher des Repräsentantenhauses und sonst ultra-loyaler Trumpist, hat sich ebenfalls gegen den Präsidenten gestellt und die Offenlegung der Akten eingeklagt.
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