Trump bleibt hart: Bisher kein Einlenken bei Strafzöllen
Als die Limousine mit dem Gast aus Deutschland kurz vor zwölf Uhr Mittag am Weißen Haus vorfährt, klatscht Donald Trump leise Beifall und schaltet für die Kameras sein Zahnpasta-Lächeln ein. Dann wird die Fahrzeugtür geöffnet. Und eh sich Angela Merkel in ihrem strahlend blauen Kostüm versieht, hat sie auch schon links und rechts zwei Küsschen an der Wange. Verabreicht von dem Mann, der Frau Bundeskanzlerin beim ersten Aufeinandertreffen an Ort und Stelle vor 13 Monaten noch mürrisch dreinschauend den Handschlag für die Fotografen verweigerte.
Beim zweiten Versuch der beiderseitigen Annäherung auf Washingtoner Boden wollte der US-Präsident den Vorhalt, bei Merkel Körperkontakt zu vermeiden, während er doch noch vor kurzem die Hände von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kaum lassen konnte, gar nicht erst aufkommen lassen. Dazu waren die Streitthemen in der Sache gestern polarisierend genug. Also schaltete Trump eine Charme-Offensive vor. „Ich freue mich darauf, heute Kanzlerin Angela Merkel zu treffen“, twitterte er am frühen Morgen und versprach gutes Gelingen. Beim obligatorischen Foto-Termin im Oval Office legte er nach, sprach von einer „wirklich großartigen Beziehung“, gratulierte Merkel, die er mit „Angela“ adressierte, zur Wiederwahl, lobte sie als „besondere Frau“ und schüttelte ihr zweimal demonstrativ die Hand. „Wie ausgewechselt“, staunten US-Journalisten über Gestik und Mimik Trumps, der ganz auf Zuwendung programmiert schien.
Weniger friedlich
Jedenfalls an der Oberfläche. Wie es dahinter aussieht, nämlich weniger friedlich, hatte Constanze Stelzenmüller vom Brookings Institut vorher auf den Punkt gebracht. Danach ist die Wahrnehmung im Trump-Lager über Deutschland diese: Die Nationalisten hassten die Großzügigkeit gegenüber syrischen Flüchtlingen, die Protektionisten die Handelsüberschüsse, die Sicherheitsfalken die passive Rolle beim Raketenangriff gegen Syrien, während sich die Russland-Skeptiker über die geplante Ostsee-Pipeline Nordstream II erregten.
Von alledem wurden Bruchteile spürbar, als Merkel nach 20 Minuten (unter vier Augen mit Trump) und 95 Minuten Arbeitsessen im voll besetzten East-Room mit dem Hausherrn an die Mikrofone trat. Nach dem Frage-und-Antwort-Spiel von deutschen wie amerikanischen Journalisten konnte man nicht den Eindruck gewinnen, dass es der Kanzlerin anders ergangen ist als Macron. Dessen Staatsbesuch hat zwar Bilder von „amouröser Flitterwochen-Stimmung unter Männern“ produziert, sagte ein NBC-Korrespondent. Hinter verschlossenen Türen jedoch habe Macron bei Trump „auf Granit gebissen“. Weder im Handelsstreit noch beim Iran-Atom-Abkommen gab es Signale, dass Trump zu echten Konzessionen bereit ist. Sprich: Beibehaltung des Atom-Vertrags. Und dauerhafter Last-Minute-Verzicht auf die am 1. Mai einsetzende Strafzoll-Keule für Stahl- und Aluminium-Produzenten aus der EU. Im direkten Aufeinandertreffen mit Trump ergab sich kein anderer Stand.
Merkel bemühte sich um komplexere Töne. Sie stützte erneut das Iran-Abkommen als solide Ausgangslage für weitere Verhandlungen über Aktivitäten Teherans. Im Handelsstreit verwies sie auf die Schiedsrichter-Rolle der Welthandelsorganisation und nahm für deutsche Unternehmen in Anspruch, in den USA viele Arbeitsplätze zu schaffen. Trump wiederum nahm für sich in Anspruch, die historischen Entwicklungen in Korea mit vorangetrieben zu haben.
Skepsis
Seine Skepsis über den Status Quo in Sachen Europa blieb unverändert. Er sprach von der „Verantwortung“ der EU-Länder stärker für ihre eigene Sicherheit zu sorgen, die „Lastenteilung“ in der NATO müsse verbessert werden. Beim Handel mit Europa stellte er mangelnde Fairness fest. Den Iran nannte er ein „mörderisches Regime“, das niemals „Atombomben bekommen werde“. Konsequenzen: unbekannt. Die Kernfragen – was geschieht mit den Strafzöllen, was mit dem Iran-Abkommen – blieben gestern unbeantwortet.
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