Wie sich Europa heimlich auf Trumps Comeback vorbereitet

Bier, eine tüchtige Portion Gegrilltes und ein Besuch auf einer Luftwaffenbasis: Für Deutschlands Grüne Außenministerin Annalena Baerbock ein ungewöhnlich rustikaler Terminplan, den sie da in der Vorwoche zu bewältigen hatte. Aber schließlich war Baerbock ja auch in Texas zu Besuch, beim stockkonservativen Gouverneur Greg Abbott. Dort sind solche Rituale unvermeidlich.
Trump-Vertrauter in Austin
Es geht um mehr als diplomatisches Zeremoniell für Deutschlands Außenministerin, wie auch für die ganze politische Spitze der EU. Greg Abbott steht exemplarisch für jene Spitzenvertreter bei den US-Republikanern, die Donald Trump besonders nahe stehen. Sollte der also im kommenden Herbst, nach den Präsidentschaftswahlen ins Weiße Haus zurückkehren, wird man Leute wie ihn dringend als Partner brauchen.
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"Höllenloch Europa"
Noch ist es mehr als ein Jahr bis zu den US-Wahlen, doch in vielen europäischen Hauptstädten und natürlich auch in Brüssel machen sich allmählich die ersten Sorgenfalten bemerkbar. Was ist, wenn Trump tatsächlich gewinnt? Die erste Amtszeit des New Yorkers hat das Verhältnis mit Europa ordentlich zerrüttet. Trump stellte offen die NATO in Frage, nannte die EU einen "Feind" und bezeichnete deren Hauptstadt, Brüssel, als "Höllenloch". Europas Industrie bekam dazu Zölle aufgebrummt, auch weil der Präsident sich offen dazu bekannte die Globalisierung zurückzufahren, da sie ohnehin nur zum Nachteil Amerikas sei.

Nähe zu Putin
Dazu kommt die von Trump demonstrativ gepflegte Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin und die bis heute nicht aufgeklärte Berichte über Geldflüsse aus Moskau in Richtung von Trumps Wahlkampf. Mit einem Ukrainekrieg vor der Haustür, dessen Ende nicht einmal im Ansatz absehbar ist, sorgen sich viele, Trump könnte sich über die Köpfe der Europäer und der Ukraine mit Putin kurzschließen.
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"Trump-sicher" machen
Der Auftrag, der bereits jetzt an führende Beamte in der EU-Kommission ausgegeben wurde, lautete - wie das US-Magazin Bloomberg News - erfuhr, die derzeitigen Verträge zwischen der EU und den USA "Trump-sicher" zu machen. Konkret bedeutet das, einzelne Handelsabkommen so rechtssicher zu gestalten, dass sie auch nach dem Machtwechsel im Weißen Haus unanfechtbar sind.
Von der Leyen auf Tour
Diese Anliegen stehen ganz oben auf der Agenda von Kommissionschefin Ursula von der Leyen, wenn sie in wenigen Wochen nach Washington reist. Man will einen immer noch schwelenden Streit über die Zölle für Stahlprodukte beilegen und sich auch bei umweltfreundlichen Technologien besser koordinieren. Zwar fördert auch der Demokrat Joe Biden gezielt die US-Industrie mit Milliardenhilfen, doch der grundsätzlich ausgesprochen europafreundliche Präsident ist für eine konstruktive Zusammenarbeit eher zu haben, als Trump, der schon in seiner ersten Amtszeit keinem Streit aus dem Weg ging.
Trump-Vertraute
Und das könnte, so befürchten Diplomaten, noch schlimmer werden. Denn die oft chaotische erste Amtszeit des Republikaners könnte viele qualifizierte Kandidaten für Spitzenposten abschrecken. Ins Weiße Haus könnten dann Trump-Vertraute einrücken, die sich vor allem durch ihre bedingungslose Gefolgschaft auszeichnen. Der Texaner Greg Abbott etwa, wäre da noch unter den gemäßigten Pragmatikern. Grund genug also für Besuche in Texas, wie ihn Baerbock gerade absolviert hat. Man müsse sich eben vorbereiten, meint sie, alles andere wäre schlichtweg "naiv".
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