Tote und Verletzte bei Anschlägen in Tunesien

Tote und Verletzte bei Anschlägen in Tunesien
An zwei Orten in der Innenstadt explodierten Sprengsätze. Zuvor griffen mutmaßliche Terroristen Soldaten im Süden des Landes an.

Im Stadtzentrum der tunesischen Hauptstadt Tunis sind bei zwei kurz aufeinander folgenden Explosionen mindestens zwei Menschen getötet und acht weitere verletzt worden. Ein Polizist starb im Krankenhaus an seinen Verletzungen, nachdem sich ein Selbstmordattentäter nahe der französischen Botschaft und der historischen Altstadt in die Luft gesprengt hatte.

Wie das Innenministerium in Tunis am Donnerstag mitteilte, gab es kurz darauf auch eine Explosion vor einer Polizeistation im Stadtzentrum. Die Angriffe galten offenbar gezielt Sicherheitskräften. Laut Innenministerium sprengte sich der erste Attentäter direkt neben einem Polizeiwagen in die Luft, der an einer Ecke der zentralen Prachtstraße, der Avenue Habib Bourguiba, von Tunis geparkt war. Fotos vom Anschlagsort zeigten einen demolierten Wagen und Leichenteile des mutmaßlichen Angreifers. Der Innenstadtbereich wurde weiträumig abgesperrt.

Kurz darauf gab es eine weitere Explosion im Stadtteil Al-Gorjani an einer Polizeistation. Hier ist eine spezielle Anti-Terror-Einheit der tunesischen Sicherheitskräfte untergebracht. Nach offiziellen Angaben wurden dabei vier Polizisten verletzt. Ob der Attentäter bei dem Angriff ums Leben kam oder fliehen konnte war zunächst nicht klar.

Das Auswärtige Amt in Berlin rief dazu auf, die Gegend vorläufig zu meiden. Es werde ein terroristischer Hintergrund vermutet, teilte das Krisenreaktionszentrum des Außenamtes mit.

IS reklamierte Anschlag für sich

Am Abend reklamierte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) den Anschlag für sich. Die beiden Angreifer seien IS-Kämpfer gewesen, hieß es in einer im Internet verbreiteten Mitteilung des IS-Sprachrohrs Amak. Der IS hatte bereits in der Vergangenheit mehrere Anschläge in dem nordafrikanischen Land für sich reklamiert.

Viele Tunesier hatten sich in den vergangenen Jahren dem IS in Syrien, dem Irak und Libyen angeschlossen. Im Grenzgebiet zu Libyen und zu Algerien kam es immer wieder zu Angriffen auf Sicherheitskräfte. Auch der Attentäter auf den Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri, stammte aus einem kleinen Dorf in Tunesien und bekannte sich zum IS.

Tunesiens Regierungschef Youssef Chahed kündigte am Anschlagsort vor Reportern einen "Krieg gegen die Terroristen" an. Die Anschläge zielten darauf, Verwirrung zu stiften und dem Land zu Beginn der Urlaubssaison und vor den anstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen zu schaden. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verurteilte die Anschläge scharf. "Frankreich ist in dieser Bewährungsprobe an der Seite des tunesischen Volkes", teilte der 41-Jährige via Twitter mit.

Bereits in der Nacht zum Donnerstag hatte es auch im Süden von Tunesien einen weiteren Zwischenfall gegeben. Mehrere "Terroristen" griffen nach Angaben des Verteidigungsministeriums gegen 3:30 Uhr tunesische Soldaten an, die an einer Funkstation stationiert waren. Es habe einen Schusswechsel gegeben, bei dem niemand verletzt worden sei.

Das nordafrikanische Urlaubsland war im Jahr 2015 von schweren Anschlägen getroffen worden. Damals töten Attentäter bei zwei Attacken auf einen Hotelstrand und das international berühmte Bardo-Museum mehr als 50 Menschen. Die Anschläge trafen das Mittelmeerland stark, das auf die Einnahmen aus dem Tourismus angewiesen ist.

Sicherheitslage verbessert

Erst im vergangenen Jahr stiegen die Besucherzahlen wieder merklich an, die Sicherheitslage verbesserte sich, bis sich im Oktober eine Attentäterin ebenfalls im Zentrum von Tunis in die Luft sprengte und mehr als 20 Personen, darunter zahlreiche Polizisten, verletzte.

Das Land hat nach dem sogenannten Arabischen Frühling zahlreiche demokratische Reformen eingeleitet, kämpft aber weiterhin mit großen wirtschaftlichen Problemen. Ein Großteil der Bevölkerung ist unzufrieden mit der aktuellen Situation. Regelmäßig kommt es zu Demonstrationen gegen die Regierung.

Präsident Essebsi in "kritischem Zustand"

Tunesiens Präsident Béji Caïd Essebsi liegt schwer erkrankt im Krankenhaus. Essebsis Berater Firas Guefrech teilte am Donnerstag auf Twitter mit, der 92-Jährige befinde sich in "kritischem, aber stabilem Zustand". Zuvor hatte das Präsidialamt auf Facebook erklärt, Essebsi leide unter einer "schweren Krankheit" und sei ins Militärkrankenhaus der Hauptstadt Tunis verlegt worden.

Bereits vergangene Woche war Essebsi ins Krankenhaus gebracht worden. Ein Präsidialberater hatte damals erklärt, Essebsi habe sich routinemäßigen medizinischen Untersuchungen unterzogen, während ein anderer Sprecher von "leichten Beschwerden" des Präsidenten gesprochen hatte. Laut tunesischen Medienberichten soll der ebenfalls Essebsis Partei angehörende Parlamentspräsident Mohamed Ennaceur in Essebsis Abwesenheit die Rolle des Interimspräsidenten übernehmen.

 

Tote und Verletzte bei Anschlägen in Tunesien

Berichten zufolge wollen Ennaceur und die Abgeordnete Myriam Boujbel noch am Donnerstag im Parlament mit den Chefs der anderen Parteien zusammentreffen. Sollte dabei keine Einigung über die kommissarische Präsidentschaft erzielt werden, ist es theoretisch am Verfassungsgericht, eine Entscheidung zu treffen. Ein ordentliches Verfassungsgericht befindet sich in Tunesien aber noch im Aufbau.

Im April hatte Essebsi seinen Verzicht auf eine Kandidatur bei der Präsidentschaftswahl im November erklärt. "In aller Ehrlichkeit denke ich nicht, dass ich mich noch einmal zur Wahl stelle", hatte Essebsi während eines Kongresses seiner Partei erklärt. Vielmehr müsse Jüngeren "die Tür geöffnet werden".

Wenige Monate vor den bevorstehenden Wahlen im Herbst ist das politische Klima in dem nordafrikanischen Land angespannt. Die Tunesier wählen am 17. November einen neuen Präsidenten, Parlamentswahlen sind für den 6. Oktober anberaumt.

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