Terrorist besaß Unterlagen deutscher Atomanlagen
Der mutmaßliche Paris-Attentäter Salah Abdeslam soll Presseberichten zufolge Unterlagen über das deutsche Atomforschungszentrum Jülich in seiner Wohnung aufbewahrt haben. Wie die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland in ihren Donnerstagsausgaben berichten, informierte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, mehrere Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags darüber.
Artikel und Fotos gefunden
Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland zufolge wurden in der Wohnung im Brüsseler Stadtteil Molenbeek Artikel zu Jülich gefunden sowie Fotos, die den Vorstandsvorsitzenden der Kernforschungsanlage, Wolfgang Marquardt, zeigen. Das Redaktionsnetzwerk beruft sich auf mehrere Mitglieder des streng vertraulich tagenden Parlamentarischen Kontrollgremiums. Sie seien durch Maaßen schon Ende März jeweils in Vier-Augen-Gesprächen informiert worden. Das Bundeskanzleramt und das Innenministerium hätten auf Anfrage des Netzwerks erklärt, keine Informationen zu dem Sachverhalt zu haben.
Sorgen innerhalb der EU
Während der Ermittlungen rund um die Brüsseler Bombenanschlägen vom vergangenen Monat zeigt sich immer deutlicher, dass Atomanlagen in Europa als Ziel für weitere Anschläge in Betracht gezogen wurden. So wurde die beiden belgischen Atomkraftwerke Tihange und Doel nach den Anschlägen teilweise evakuiert. Sie galten als mögliche Anschlagsziele der IS-Terroristen. In der EU geht die Sorge um, dass so ein Vorfall in den kommenden Jahren traurige Realität werden könnte. So warnt Gilles de Kerchove, Anti-Terror-Beauftragter der EU, vor möglichen Cyberattacken in den nächsten fünf Jahren. Atomexperten kritisieren die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen in europischen Atomkraftwerken und -anlagen.
Der Forschungsreaktor Jülich war beim Start 1967 der erste deutsche Hochtemperaturreaktor. 15 kommunale Stromversorger wollten damit in den 60er Jahren nahe der Grenze zu den Niederlanden und Belgien die Funktionsfähigkeit eines neuen Reaktortyps nachweisen.
1988 wurde der Betrieb des Forschungsreaktors eingestellt. Der Versuchsreaktor soll bis 2022 zurückgebaut werden. Der radioaktiv belastete Reaktorbehälter wurde 2015 in ein Zwischenlager auf dem Gelände des Forschungszentrums Jülich gebracht.
Die hochstrahlenden Brennelemente lagern ebenfalls noch immer auf dem Gelände des Forschungszentrums. Sie wurden 1994 aus dem Reaktorbehälter entfernt und zwischengelagert. Nun ringen Experten um eine Lösung.
Die Atomaufsicht fordert die Räumung des Zwischenlagers mit den hochstrahlenden Brennelementen. Denn Jülich liegt im Erdbebengebiet Niederrheinische Bucht, und das Zwischenlager ist der Aufsichtsbehörde nicht ausreichend gegen Erdbeben gesichert.
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