Nizza: Nach Enthauptung in Basilika zweiter Verdächtiger in Haft

Nizza: Nach Enthauptung in Basilika zweiter Verdächtiger in Haft
Frankreichs Innenminister rechnet mit weiteren Attentaten. Denn sein Land befinde sich im "Krieg gegen die islamistische Ideologie".

Nach der islamistischen Attacke in einer Basilika in Nizza, bei der drei Menschen getötet wurden, laufen die Ermittlungen in Frankreich auf Hochtouren. Am Feitag wurde nach dem mutmaßlichen Täter, der bei seiner Verhaftung schwer verletzt worden war, ein weiterer Verdächtiger festgenommen. Im ganzen Land gilt die höchste Terroralarmstufe. 7000 Soldaten werden eingesetzt, der Schutz der Kirchen und Schulen wird verstärkt.

Denn Innenminister Gerald Darmanin rechnet mit weiteren Terrorakten. Sein Land befinde sich in einem "Krieg gegen die islamistische Ideologie". Zuvor hatte Präsident Emmanuel Macron gesagt: "Wenn wir angegriffen werden, dann geschieht das wegen unserer Werte, wir werden aber nicht zurückweichen. Jeder soll seine Religion ausüben können, auch Katholiken."

Nizza: Nach Enthauptung in Basilika zweiter Verdächtiger in Haft

Macron in Nizza

Bei einem Messerangriff in Nizza sind Donnerstag Früh drei Personen getötet und mehrere verletzt worden. Der Täter schrie  „Allahu akbar“ („Gott ist groß“), bevor er überwältigt werden konnte, berichtete der Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi. Der Angreifer habe ein Dokument des Italienischen Roten Kreuzes bei sich getragen, das auf einen 1999 geborenen tunesischen Staatsbürger ausgestellt gewesen sei. Dieser Brahim Aouissaoui war erst vor kurzem aus Italien nach Frankreich eingereist. Er sei im September von Lampedusa nach Frankreich eingereist.

Freitag Vormittag wurde bekannt, dass ein weiterer Verdächtiger in Gewahrsam genommen wurde. Der 47-Jährige soll mit dem Täter noch am Tag vor der Tat Kontakt gehabt haben.

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Großalarm in Nizza

Die Tat hat sich um neun Uhr Früh in der Kirche Notre-Dame im Stadtzentrum ereignet. Bei dem Angriff wurden nach Angaben der Polizei drei Menschen getötet. Demnach wurden der 45-jährige Kirchenaufseher und eine Frau in der Kirche getötet. Sie wurde enthauptet. Ein drittes Opfer floh, erlag dann aber seinen Verletzungen, als es Schutz in einer Bar suchte.

Der Bereich um die Basilika wurde großräumig abgeriegelt und von der Polizei durchsucht. Der Bevölkerung wurde geraten, das Gebiet zu meiden.

Laut der Zeitung "Nice Matin" wurde der mutmassliche Täter von der Polizei mit Schüssen "neutralisiert" und verletzt in ein Spital eingeliefert. Dort wird er schwer bewacht.

In Paris wurde eine Krisensitzung einberufen. Innenminister Gérald Darmanin bestätigte, dass es sich wieder um einen islamistischen Terroranschlag gehandelt habe. Der Pariser Antiterrorstaatsanwalt übernahm die Ermittlungen.

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Der Schock sitzt den Franzosen in den Knochen. Erst vor zwei Wochen war ein Geschichtslehrer in einem Vorort von Paris von einem Tschetschenen enthauptet worden. Das Verbrechen hatte im ganzen Land Entsetzen ausgelöst. Es waren Zehntausende auf die Straße gegangen, um sich solidarisch zu zeigten.

Innenminister Darmanin hatte mehrfach von einer hohen Terrorgefahr im Land gewarnt.


Nizza wurde bereits 2016 von einem Terroranschlag erschüttert, dabei starben 86 Menschen. Am 14. Juli 2016, dem französischen Nationalfeiertag raste ein Mann mit einem Lastwagen in diefeiernde Menschenmenge auf der Promenade des Anglais.

Angriff in Saudi Arabien

Wie angespannt die Lage ist zeigt auch ein Messerangriff kurz nach dem Anschlag in Nizza auf einen Wachmann des französischen Konsulats im saudiarabischen Jeddah. Der einheimische, zirka 40 Jahre alte Angreifer sei festgenommen worden, erklärte die französische Botschaft in Saudi Arabien am Donnerstag. Der Wachmann sei ins Krankenhaus gebracht worden, er sei aber nicht in Lebensgefahr. Franzosen in Saudi-Arabien wurden zu „höchster Wachsamkeit“ aufgerufen.

Angriff in Avignon

Auch in der Nähe der südfranzösischen Stadt Avignon hat es einen mutmaßlich islamistischen Angriff auf Passanten gegeben. Ein Mann habe in dem Ort Montfavet mehrere Menschen mit einer Pistole bedroht, teilte die Polizei am Donnerstag mit und bestätigte entsprechende Medienberichte. Die Polizei habe den Mann erschossen. Der Hörfunksender Europe 1 meldete, der Angreifer habe „Allahu akbar“ (Gott ist groß) gerufen. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht genannt. Der Terrorismus-Experte Peter Neumann twitterte, dass der Angreifer in Avignon wohl kein Islamist, sondern ein Identitärer war – also ein Rechtsextremer.

"Ganz Europa ist bei Euch"

Nach der Messerattacke am Donnerstag rief der Präsident des Europaparlaments, David Sassoli zu Geschlossenheit auf. "Wir haben die Pflicht, zusammen gegen Gewalt und gegen diejenigen zu stehen, die aufhetzen wollen und Hass verbreiten, schrieb der Italiener auf Twitter. Kommissionspräsidentin Usula von der Leyen verurteilte den "abscheulichen und brutalen" Angriff.

EU-Ratschef Charles Michel versicherte Frankreich und den Franzosen ebenfalls seine Solidarität. Seine Gedanken seien bei den Opfern der „entsetzlichen Attacke“ und ihren Angehörigen. „Ganz Europa ist bei euch“, schrieb der Belgier auf Twitter.

Gegen den politischen Islam

Bundespräsident Alexander Van der Bellen verurteilte den Terrorakt als „entsetzlich und verabscheuungswürdig“. „Meine Gedanken sind bei den Opfern, ihren Familien und Freunden. Ganz Europa steht zusammen an der Seite #Frankreichs“, schrieb Van der Bellen auf Deutsch und Französisch auf Twitter.

Kanzler Sebastian Kurz schrieb: "Frankreich gilt unsere volle Solidarität. Wir werden unsere Werte, unseren europäischen Way of Life mit aller Kraft gegen Islamisten und den politischen Islam verteidigen“.


Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zeigte sich „erschüttert“ über die „grausamen Ereignisse“. Es sei „absolut inakzeptabel, dass freie Menschen in Europa aufgrund ihres Glaubens zu Opfern terroristischer Angriffe werden“.

Innenminister Karl Nehammer twitterte sein Beileid und schrieb: "Jede terroritistische Attacke ist ein Angriff auf unsere Demokratie und unsere europäischen Grund- und Freiheitsrechte". Nehammer wies den Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf an, alle Polizeidienststellen aufgrund der aktuellen Ereignisse zu sensibilisieren. Das BVT stehe zudem in engem Kontakt mit den französischen Behörden.

Beileid

Italiens Regierung hat Frankreich nach der Messerattacke von Nizza ihr Beileid ausgedrückt. Zugleich versicherte Außenminister Luigi Di Maio, Rom unterstütze Paris im Kampf gegen den Terror. „Wir stehen dem französischen Volk nahe und teilen den Schmerz der Familien der Opfer“, schrieb der Minister aus der Fünf-Sterne-Bewegung.
„Italien lehnt jeglichen Extremismus ab und bleibt im Kampf gegen Terrorismus und gewalttätigen Radikalismus an der Seite Frankreichs.“

Auch der Kreml äußerte sich: Es sei inakzeptabel, Menschen zu töten, aber es sei auch falsch, die religiösen Gefühle von Gläubigen zu verletzen.

Heiliger Ort

Auch das türkische Außenministerium verurteilte die Messerattacke. Es gebe nichts, dass Gewalt und das Töten von Menschen rechtfertige. Menschen, die derartig brutale Angriffe an einem solch heiligen Ort verübten, hätten keine religiösen, humanitären oder moralischen Werte. Man stehe solidarisch mit den Menschen in Frankreich gegen Terror und Gewalt, hieß es.

Arabische Welt

In der arabischen Welt gingen unterdessen die Proteste wegen der Mohammed-Karikaturen weiter. Weil sich Macron für die Meinungsfreiheit stark machte, wozu auch das Zeichnen von Karikaturen gehört, ist er zum neuen Feindbild aufgestiegen.

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Proteste auch in Mogadischu

Doch Frankreich will sich nicht einschüchtern lassern. Präsident Macron warnte seine Landsleute aber vor neuen Terror-Attacken.

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