Wie Südkoreas Präsident an der Zivilcourage des eigenen Volkes scheiterte

Wie Südkoreas Präsident an der Zivilcourage des eigenen Volkes scheiterte
Dass Yoon Suk-Yeol das Kriegsrecht ausrief, war nicht weniger als ein Putschversuch. Erst am Tag danach wurde klar, wie knapp er verhindert werden konnte. Wie es nun weitergeht.

Mit einem Krachen brechen die Soldaten die Tür auf, dann sind sie plötzlich blind. Jemand hat einen Feuerlöscher auf sie gerichtet, das weiße Pulver hüllt den engen Korridor in eine Wolke. Dann beginnt das Blitzlichtgewitter. 

Hinter einer improvisierten Barrikade aus Tischen halten Dutzende Menschen ihre Kameras auf die Soldaten und drücken unaufhörlich ab – die weiße Wolke verstärkt den Effekt. Ohne direkte Sicht auf ihre Widersacher sind die Truppen zum Rückzug gezwungen.

Es sind Szenen wie diese, die sich am Mittwoch in den sozialen Medien verbreiteten und erst verdeutlichten, mit welchem Mut und welcher Kreativität das demokratische Südkorea in der Nacht zuvor nur haarscharf einen Militärputsch vereitelt hatte.

Yoon wollte den Vorsitzenden seiner eigenen Partei verhaften lassen

Anders lässt sich das Vorgehen des Präsidenten Yoon Suk-yeol nicht erklären, der am Dienstagabend um 22.30 Uhr Ortszeit völlig überraschend das Kriegsrecht ausgerufen hatte – um, wie er sagte, sein Land „vor den kommunistischen Truppen Nordkoreas“ zu schützen.

Wie Südkoreas Präsident an der Zivilcourage des eigenen Volkes scheiterte

Südkoreas Präsident Yoon Suk-yeol rief am Dienstagabend bei einer plötzlichen TV-Ansprache das Kriegsrecht aus.

„Ich dachte zuerst wirklich, dass die Nordkoreaner angreifen“, schildert ein Südkoreaner dem KURIER. „Als ich verstand, worum es wirklich ging, war ich völlig perplex.“

Yoons Erklärung war ein Vorwand, um die demokratisch gewählte Opposition, die mit ihrer parlamentarischen Mehrheit seine Regierung blockiert hatte, gemeinsam mit allen anderen politischen Widersachern zu verhaften. Yoon soll sogar ein Spezialkommando der Militärpolizei darauf angesetzt haben, Han Dong-hoon festzunehmen, den Vorsitzenden seiner eigenen Partei.

Dass das nicht gelang, liegt an jenen Menschen, die noch in der Nacht alles riskierten, um Yoon aufzuhalten.

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