Vučić betont: "Serbien will keinen Krieg" - Ruhe ist aber nicht in Sicht

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Der serbische Präsident bestreitet jede Absicht zu einem militärischen Schlag gegen das Nachbarland. Die nun aufgetauchten Videos sagen etwas anderes.

Der Konflikt zwischen Serbien und dem Kosovo nimmt seit Tagen bedrohliche Ausmaße an. Pristina wirft Belgrad vor, mit Militär in Richtung des Kosovos vorgerückt zu sein - und zwar "aus drei verschiedenen Richtungen". Der serbische Präsident Aleksandar Vučić dementiert zwar jede Absicht zu einem militärischen Schlag gegen das kleine Nachbarland. Das scheint ihm jedoch - zumindest im Westen - niemand zu glauben. 

Sowohl Berlin als auch Washington forderten in den vergangenen Tagen den sofortigen Abzug von serbischen Truppen von der Grenze. "Es darf zwischen Serbien und Kosovo keine weitere Eskalation geben. Der politische Prozess muss fortgesetzt werden. Und ich appelliere auch an dieser Stelle an Serbien, seine Truppen an der Grenze zu reduzieren", warnte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock vor einer weiteren Verschärfung des Konflikts. 

Auch ihr US-Amtskollege Antony Blinken zeigte sich besorgt, griff zum Hörer und telefonierte mit Vučić. Dieser bestritt jedoch den Aufmarsch starker Truppenteile.

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Serbien bestreitet Absicht eines Militärschlages

Serbiens Staatsoberhaupt gab der Financial Times am Wochenende ein Interview, indem er die Absicht eines militärischen Schlags abermals dementierte. Er werde vielmehr den Befehl zum Rückzug serbischer Truppen geben, da eine Eskalation bei Belgrads EU-Aspirationen "kontraproduktiv" wäre. Serbien werde nicht seine eigenen jahrelangen Bemühungen zerstören.

"Serbien will keinen Krieg", sagte er dem Blatt. Vorwürfe des Westens seien "eine Kampagne von Lügen", fügte Vučić am Sonntag in einer auf seinem Instagram-Profil veröffentlichten Video-Ansprache hinzu.

Der Angriff sei laut Kosovo in Zentralserbien vorbereitet worden

Am Sonntag veröffentlichte das kosovarische Innenministerium Fotos und Videos, die Vučić womöglich Lügen strafen. Innenminister Xhelal Svecla hatte zu einer Pressekonferenz geladen, bei der er Drohnenaufnahmen präsentierte, die die Vorbereitungen auf den Angriff eines schwer bewaffneten serbischen Kommandotrupps auf kosovarische Polizisten im Nordkosovo vor einer Woche näher beleuchten. Svecla zufolge beteiligten sich 90, und nicht, wie bisher angenommen, 30 Angreifer an der Aktion in Banjska. Das Ziel des Angriffs sei die Annexion des Nordens des Kosovo gewesen. 

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Nach Angaben von Svecla wurden in Zentralserbien Vorbereitungen für den Angriff getroffen, was seiner Meinung nach an den bei der Gruppe beschlagnahmten Drohnen zu erkennen sei. Svećlja sagte, dass die Videos nicht nur den Angriff in Banjska zeigen würden, sondern auch die Vorbereitungen der Gruppe in den Trainingszentren im serbischen Skigebiet Kopaonik. Diese hätten auf dem Gelände des kosovo-serbischen Spitzenpolitikers und Geschäftsmannes Milan Radoičić stattgefunden.

Radoičić hatte sich bereits am Freitag zum Überfall im Nordkosovo vor fünf Tagen bekannt. "Ich habe mich zu dieser Tat entschieden, weil alle bisher angewandten Widerstandsmethoden keine Verbesserung des Lebens des serbischen Volkes (im Kosovo, Anm.) brachten", schrieb er in einer Erklärung, die sein Anwalt vor der Presse in Belgrad verlas.

Laut Kosovos Innenminister Svecla hätte Vučić auch von den Vorbereitungen auf den Angriff in Banjska gewusst. Vielmehr: "Der serbische Präsident Aleksandar Vučić, Verteidigungsminister Miloš Vučević und der Chef des Heereskommandos Milan Mojsilović nahmen an der Militärübung teil", behauptete Svecla auf der Pressekonferenz. Vučić wirft er vor, versucht zu haben, die Tatsache zu verbergen, dass Serbiens Regierung an der Organisation des Angriffs beteiligt gewesen sei.

Jedes verfügbare Foto und Video veröffentlichte die Kosovo-Polizei einzeln auf Facebook und beschrieb unter jedem Video, was darauf zu sehen ist: 

Großbritannien will mehr Soldaten in den Kosovo schicken

Großbritannien hat bereits auf die besorgniserregenden Ereignisse im Kosovo reagiert. Seine Präsenz im Rahmen der NATO-geführten Friedensmission KFOR will der Inselstaat dementsprechend erhöhen. Wie das Verteidigungsministerium in London am Sonntag mitteilte, sollen 200 zusätzliche Soldaten das bisher 400 Mann starke britische Kontingent als Teil einer jährlichen Übung im Kosovo verstärken.

Man komme damit einer entsprechenden Anfrage des Verteidigungsbündnisses nach, hieß es in der Mitteilung.

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