Gesetz trat 2005 in Kraft
Als das Gesetz am 3. Juli 2005 in Kraft trat, gab es auf der Welt nur zwei andere Länder – die Niederlande und Belgien –, in denen Homosexuelle genauso wie Heterosexuelle ihre Beziehung durch eine Heirat festigen und die damit verbundenen Rechte in Anspruch nehmen durften. Seitdem haben sich mehr als 75.500 Paare in Spanien getraut. Rund 80 Prozent der Spanier stimmen zu, dass das Gesetz als eine Errungenschaft für die gesamte Gesellschaft gesehen werden kann. Fast 70 Prozent finden, dass es den Schutz für die LGBTQ-Gemeinschaft stärkt. Dass das stimmt, spiegelt auch Oscars Erfahrung wider.
Auf den Kanaren, wo er aufgewachsen ist, hatte er Angst davor, stigmatisiert zu werden und seine Freunde zu verlieren. Deshalb hat er sich nicht erlaubt, er selbst zu sein. Erst als er mit 18 für sein Ingenieurstudium aufs Festland umsiedelte, hat sich der heute 32-Jährige geoutet. „Als ich Valencia betreten habe, habe ich mir gesagt: Das ist mein neues Leben und ich werde mein neues Leben nicht damit beginnen, mich zu verstecken.“ Oscar versucht, allen zu helfen, die sich in einer ähnlich unsicheren Lage befinden wie er einst. Eine wichtige Botschaft ist für ihn, dass man die Leute ziehen lassen muss, die nicht hinter einem stehen. Sie seien es nicht wert, dass man sich für sie unterdrückt. „Erst, wenn man sich sicher fühlt, kann man sein Leben leben“, sagt er. Was das private Umfeld betrifft, lässt sich auf die Gesellschaft übertragen. Akzeptanz gibt Sicherheit.
Chueca ist ein Ort für alle
Das Rennen findet an diesem Abend in Chueca statt, einem Stadtviertel, das von der LGTBIQ-Gemeinschaft geprägt ist. Das Metroschild ist eine Regenbogenflagge, es gibt einen Stand, wo man Waffeln in Penis- und Vaginaform genießen kann und zahlreiche Sexshops. In Designerläden und hippen Cafés tummeln sich Einheimische und Touristen, in der Markthalle San Antón treffen Geschäftsleute auf Familien und Senioren, die ihre Einkäufe erledigen. Chueca ist ein Ort für alle, und das diverse Publikum des Stöckelschuh-Wettrennens belegt das.
Als Oscar vor der Moderatorin mit der toupierten blonden Perücke und den extrahohen Plattformstiefeln zum Stehen kommt, geht es um alles. Um zu gewinnen, muss er sich eine Verkleidung überziehen. Eine Perücke, ein Kleid und eine Handtasche haben ihm die Organisatoren während des Rennens in die Hand gedrückt. Schweißgebadet zwängt er sich in den Poliesterfummel und besteigt das Podest – zu spät. Ein anderer Teilnehmer war schneller. Doch er gibt sich trotzdem „erhaben und fabulös“, wie es von den Gewinnern erwartet wird. Mit dem Sieger und der Drittplatzierten schnauft und strahlt er auf der Bühne, bevor er sich hinsetzt und die Aufmerksamkeit auf seine blutenden Füße in den zerstörten Schuhen zieht.
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