Jagd auf Migranten: Rechtsextreme Krawalle erschüttern Spanien

Anti-migrant unrest following an attack on elderly man by unknown assailants, in Torre Pacheco
Von einer „Gewalteskalation“ ist die Rede, nachdem in der Kleinstadt Torre Pacheco Maskierte die Jagd auf Jugendliche mit Migrationshintergrund eröffnet haben.

Die Bilder zeigen oberkörperfreie Männer mit Stöcken in der Hand und blutverschmierte Gesichter. Videos zeigen, wie Gegenstände auf Polizei und geparkte Autos niederregnen. Schwarzgekleidete Männer mit Motoradhelmen werfen Müllcontainer um. Es sind diese Bilder, die aus Torre Pacheco, einer 40.000-Einwohnerstadt in der südwestlichen Region Murcia (Spanien), ein Zentrum der Gewalt machen. Angefangen hat die Geschichte ebenfalls mit einem Bild. Der 68-jährige Domingo hat ein Selfie gepostet, nachdem er vergangenen Mittwoch zusammengeschlagen wurde.

Ein Gesicht mit blutunterlaufenem Auge, Schrammen und blauen Flecken schaut ernst in die Kamera. Bei seiner Anzeige hat er angegeben, dass eine Gruppe Jugendlicher ihn überfallen hat, möglicherweise mit Migrationshintergrund aus dem Maghreb. Bald zirkulierte in den Sozialen Medien ein Video, das zeigt, wie ein weißhaariger Mann geschlagen wird. Außerdem ein Foto von fünf Männern, scheinbar die Täter. Dass Domingo selbst verneint hat, der Mann in dem Video zu sein und dass offizielle Stellen von nur drei Täter sprechen, die noch nicht identifiziert wurden, war dann egal. Die Geschichte: Migranten verprügeln Spanier. Die Antwort: Jagd auf Migranten. 

Gewalt in französischen Vorstädten

In den vergangenen drei Nächten sind die Gruppen aufeinandergetroffen. Gewaltbereite Ultras und die Einwohner des von marokkanischen Migranten geprägten Viertels San Antonio. In Spanien hat das Erinnerungen an Berichte aus Frankreich geweckt, wo die Gewalt in den Vorstädten öfter eskaliert. Der Direktor der spanischen Zeitung 20 minutos vergleicht die politische Ausgangslage, die Minderheitsregierung ohne starken Rückhalt mit einer erstarkenden Rechten im Nacken und meint, dass der Blick nach Frankreich auch der in einen Spiegel ist.

Anti-migrant unrest following an attack on elderly man by unknown assailants, in Torre Pacheco

In den vergangenen Nächten kam es in Torre Pacheco zu Ausschreitungen.

Was am Wochenende in Torre Pacheco passiert ist, ist außerdem der Beleg für die Gefahr, die Soziale Medien in Verbindung mit Fehlinformation bergen. Angestachelt wird die Aggression von Politikern, die daraus Profit schlagen. Der Oppositionsführer der konservativen Volkspartei etwa spricht von einer „Gewaltspirale“ und fordert die Regierung dazu auf, mehr Polizeibeamte abzustellen. Der sozialistische Innenminister wiederum beschuldigt den Parteivorsitzenden der ultrarechten Vox, den Hassdiskurs anzuregen.

Gewaltbereite Jugendliche

Dass dies gut funktioniert in Torre Pacheco, in der 30 Prozent Migrationshintergrund haben, liegt auch daran, dass es schon Berichte über gewaltbereite Jugendliche gibt. Das Problem sei die zweite Generation der Einwanderer. Viele fühlten sich nicht zugehörig zur Gesellschaft, sie gingen nicht zur Schule und verlören sich in kriminellen Aktivitäten. Der Bürgermeister Pedro Angel Roca bestätigt diese Wahrnehmung, betont aber, dass die Aggressoren vom Wochenende von außerhalb angereist seien. Tatsächlich wurden laut Innenminister 20 Fahrzeuge an der Einfahrt in die Stadt gehindert, weil ihre Passagiere als konfliktiv eingeschätzt wurden.

Diese haben sich dann wohl andere Ziele gesucht. Laut einem Bericht von El País wurde unter anderem ein Kebabladen außerhalb der Stadt zerstört. Die Randale der 40- bis 50-köpfigen Gruppe, von denen Zeugen berichten, hatten bislang aber keine Konsequenzen. Denn die 75 Polizisten, die extra für das Wochenende in Torre Pacheco abgestellt waren, waren voll auf San Antonio konzentriert. Es wurden acht Leute festgenommen und fünf Verletzte in Krankenhäuser gebracht. Die Delegation der spanischen Regierung hat garantiert, dass auch weiterhin ein hohes Polizeiaufgebot vor Ort sein wird, um weitere Ausschreitungen zu verhindern. 

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