Warum Spanien jedes Jahr Hunderttausende Migranten legalisieren will

Als Ana ihre Heimat Venezuela in Richtung Spanien verließ, hallten die Warnungen ihrer Landsleute noch in ihren Ohren nach. In der neuen Heimat werde sie so schnell nicht arbeiten dürfen, die Mühlen der spanischen Bürokratie würden langsam mahlen, mahnten sie. Also musste Ana, die eigentlich anders heißt, kreativ werden. Kaum in der spanischen Hauptstadt Madrid angekommen, kontaktierte sie Frauen auf Facebook – um ihnen die Nägel zu machen. Bis sie eine Arbeitserlaubnis erhielt.
Anas Geschichte ist beispielhaft für die Tausenden Migranten, die jedes Jahr illegal in Spanien landen. Die meisten von ihnen kommen aus Lateinamerika oder Nordafrika – ohne Arbeitsvisum oder der Absicht, wieder heimzukehren. Was Spanien vom Rest Europas unterscheidet: Das sollen sie auch nicht.
Es gab zwei Möglichkeiten, mit der Herausforderung umzugehen: Spanien bleibt ein geschlossenes, armes Land oder ein offenes, wohlhabendes.
Spanische Integrationsinisterin
Einwanderungsreform in Kraft getreten
Spaniens linke Minderheitsregierung will ihre Situation nun verbessern – und in den nächsten drei Jahren knapp einer Million Menschen, die sich derzeit irregulär im Land aufhalten, eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erteilen. Eine diese Woche in Kraft getretene Einwanderungsreform lockert unter anderem die Visavergabe, verkürzt Fristen und erleichtert den Familiennachzug.
Man habe die Wahl gehabt: „Spanien kann ein verschlossenes, armes Land bleiben oder ein offenes, wohlhabendes“, sagt Migrationsministerin Elma Saiz. Wohl nicht unwesentlich: Der Staat soll dadurch Millionen Euro an Steuergeld aus der Schattenwirtschaft holen. Und mehr Arbeitnehmer, die ins Sozialversicherungs- und Pensionssystem einzahlen.

Integrationsministerin Elma Saiz
Eine Million Menschen sind in den vergangenen zwei Jahren nach Spanien gezogen. Jeder zweite neue Job seit 2022 ging an eine zugewanderte Person.
Allein im Großraum Madrid lebten mit Jahresende eine Million Menschen,
die in Südamerika geboren wurden. Die meisten Zuwanderer kommen aus Kolumbien und Venezuela. Sie werden auch von der rechtsextremen Vox-Partei toleriert: wegen der gemeinsamen Sprache, Religion und Geschichte.
Um den Wohlstand und Lebensstandard in Spanien erhalten zu können, braucht das Land bis zu 300.000 zusätzliche Erwerbstätige pro Jahr.
Mehr Zuzug erwartet
Spanien hat derzeit massiv mit irregulärer Migration über das Mittelmeer und die Atlantikroute zu kämpfen. Mit Donald Trump im Weißen Haus werden künftig zudem noch Einwanderer aus Lateinamerika erwartet.
Ana teilte für sie ihre Geschichte auf Social Media. Nägel muss sie heute keine mehr lackieren. Nach einem abgelehnten Asylantrag wurde ihr vor einem Jahr humanitäres Bleiberecht zuerkannt. Heute arbeitet sie als Verkäuferin in Madrid. Zu Hause in Venezuela betrieb sie ihren eigenen Laden. Vielleicht geht das auch in Spanien mal für sie in Erfüllung.
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