Unmut in Serbien: Mutmaßliche Mörder von Journalisten freigesprochen

Demonstranten mit einem Foto von Ćuruvija
Der Umgang der serbischen Justiz mit dem Mord am regimekritischen Journalisten und Zeitungsherausgeber Slavko Ćuruvija im Jahr 1999 erregt in Serbien erneut die Gemüter. Am Montag demonstrierten nach einem Aufruf mehrerer serbischer Journalistenverbände Hunderte Menschen in Belgrad vor dem Appellationsgerichtshof. Das Gericht hatte vier mutmaßlich an dem Mord Beteiligte freigesprochen, nachdem diese vorher zu jahrzehntelangen Haftstrafen verurteilt worden waren.
Ćuruvija war am 11. April 1999 vor seiner Wohnung in Belgrad mit Schüssen getötet worden. Drei Wochen vorher hatte die Nato einen Bombenkrieg gegen das damalige Jugoslawien begonnen, um die serbischen Sicherheitskräfte im Kosovo zu stoppen. Ćuruvija hatte das Vorgehen des damaligen jugoslawischen Präsidenten und Kriegsherrn Slobodan Milošević im Kosovo verurteilt.
In den 1990er Jahren hatte er die erste private Tageszeitung in Serbien seit der kommunistischen Zeit gegründet. Lange Zeit galt Ćuruvija als Vertrauter der Führung Milošević, bis es beim Thema Kosovo zum Bruch kam.
„Ćuruvija musste sterben, damit das Regime weiter bestehen konnte“
2015 begann hierzu der Prozess. In ihrer Anklage hielt die Staatsanwaltschaft fest: „Ćuruvija musste sterben, damit das (Milošević-)Regime weiter bestehen konnte“. Im Dezember 2021 hatte ein Gericht in Belgrad dabei vier Männer - nicht rechtskräftig - verurteilt: je 30 Jahre Haft für den ehemaligen serbischen Geheimdienstchef Rade Marković und einen seiner Untergebenen wegen Anstiftung zum Mord sowie je 20 Jahre für die zwei mutmaßlichen Mörder.
Am vergangenen Freitag machte das Berufungsgericht den Freispruch für alle vier Männer öffentlich. Serbischen Medien zufolge ist das entsprechende Urteil schon im März 2023 gefallen. Milošević wurde im Jahr nach der Nato-Intervention im Zuge eines Volksaufstands gestürzt. Er starb 2006 als Untersuchungshäftling des internationalen Jugoslawien-Tribunals in Den Haag.
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