Shutdown-Krise in den USA: 42 Millionen Menschen droht Lebensmittelnot
Zusammenfassung
- Wegen des Shutdowns drohte 42 Millionen US-Bürgern der Wegfall von Lebensmittelhilfen wie SNAP, bis ein Richter am Freitagabend deren Fortsetzung anordnete.
- Die Haushaltssperre seit 1. Oktober legt Bundesbehörden lahm, verschärft die Not vieler Menschen und könnte zur größten Hungerkrise seit der Großen Depression führen.
- Der Haushaltsstreit dreht sich auch um ACA-Subventionen, während Millionen Amerikaner mit steigenden Krankenversicherungsbeiträgen rechnen müssen.
Milch gibt es schon lange keine mehr in den Regalen. Auch Eier kann die Arizona Kosher Tafel in Phoenix ihren Kunden nicht mehr anbieten. Ihre Vorräte schwinden; was noch vorhanden ist, wird streng rationiert. Denn der größte Andrang, warnt eine Tafel-Mitarbeiterin im Lokalfernsehen, stehe erst bevor.
Mit dem heutigen Tag drohen in den USA nämlich dem Supplemental Nutrition Assistance Program (SNAP) die Mittel auszugehen. Dieses stellt einkommensschwachen Haushalten Bezahlkarten für Lebensmittel zur Verfügung. Allein in Arizona verlieren damit 900.000 Menschen ihre monatlichen Zuschüsse. Landesweit sind es 42 Millionen – jeder achte Bürger. Auch weitere Sozialprogramme, etwa WIC, das sieben Millionen Mütter und Babys versorgt, oder LIHEAP, das Millionen US-Bürgern bei Heizkosten hilft, stehen vor dem Aus.
Ein Monat Shutdown
Grund ist die seit dem 1. Oktober geltende Haushaltssperre, nachdem sich Republikaner und Demokraten im Kongress auf kein Budget einigen konnten. Seither steht das Land still: Bundesbehörden haben auf Notbetrieb umgestellt, mehr als eine Million Staatsangestellte arbeiten ohne Lohn oder sind im Zwangsurlaub. Die finanzielle Not von immer mehr Menschen verschärft sich: Schon im Oktober bildeten sich vielerorts lange Schlangen vor Lebensmittelausgaben. Joel Berg, Geschäftsführer von Hunger Free America, warnt inzwischen vor der „größten Hungerkrise seit der Großen Depression“.
Ändern könnte das ein Bundesgericht in Massachusetts. Mehr als zwei Dutzend Demokraten haben dort Klage gegen die Regierung von US-Präsident Trump eingereicht. Sie fordern, dass alle verfügbaren Mittel genutzt werden, um Hilfen aufrechtzuerhalten. Das für SNAP zuständige Landwirtschaftsministerium hatte zuvor erklärt, einen Nothilfefonds, der vorläufig Abhilfe schaffen könnte, nicht anzutasten.
Freitagabend kam dann die – vorläufige Kehrtwende: Der zuständige Richter ordnete die Fortsetzung der Lebensmittelhilfen an, zur Finanzierung solle das Landwirtschaftsministerium den Nothilfefonds im Umfang von fünf Milliarden Dollar nutzen.
Krankenversicherung
Doch noch aus einem anderen Grund ist der 1. November ein wichtiger Stichtag: Heute startet die offene Einschreibungsphase für Krankenversicherungen im Rahmen des Affordable Care Act (ACA). Millionen Amerikaner wählen ihre Versicherungspläne für 2026. Sie erwarten deutlich höhere, teils doppelt so hohe Versicherungsbeiträge, da die staatliche Unterstützung für einkommensschwache Haushalte mit Jahresende ausläuft.
Die ACA-Subventionen sind es auch, die im Zentrum des aktuellen Haushaltsstreits stehen: Die Demokraten machen ihre Zustimmung zu einem Übergangshaushalt von zusätzlichen Mitteln für die Gesundheitsversorgung abhängig.
Donald Trump, diese Woche auf Asien-Reise, scheint nun genug zu haben. In der Nacht auf Freitag forderte er, im Senat die Filibuster-Regel abzuschaffen, wonach bei vielen Gesetzesvorhaben (auch dem Budget) 60 der insgesamt 100 Senatoren einem Ende der theoretisch endlosen Debatte zustimmen müssen, damit es zur Abstimmung kommt. Für die Änderung genügt eine einfache Mehrheit – über die die Republikaner verfügen.
Ob genügend Senatoren mitspielen, ist jedoch offen; der Senat tritt erst am Montag wieder zusammen. Der Shutdown läuft derweil darauf hinaus, der längste der Geschichte zu werden.
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