"Showdown" in Osaka: Trump und Xi beraten am Rande des G-20-Treffens

Auch wenn sich beide diplomatisch höflich noch gegenseitig als "Freunde" beschreiben, herrscht tiefes Misstrauen.

Wer hat die besseren Nerven? Wenn US-Präsident Donald Trump und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping im japanischen Osaka zusammenkommen, steht viel auf dem Spiel. Der Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften bremst nicht nur das Wachstum in China und den USA, sondern auch die Weltkonjunktur.

Die Fronten sind verhärtet. Kann es einen Kompromiss geben? Auch wenn sich beide diplomatisch höflich noch gegenseitig als "Freunde" beschreiben, herrscht tiefes Misstrauen.

"Was die Amerikaner gemacht haben, hat die Chinesen schwer verletzt", verlautete in Peking aus informierten Kreisen zu den "einseitigen Entscheidungen" der USA. So hatte Trump nicht nur 25-prozentige Zölle auf Importe aus China im Wert von 250 Mrd. US-Dollar (knapp 220 Mrd. Euro) verhängt, sondern zudem noch den chinesischen Telekomriesen Huawei und Supercomputerfirmen als Gefahr für die Sicherheit der USA auf die schwarze Liste gesetzt, wodurch die Geschäfte mit US-Firmen streng begrenzt werden.

"Beide Seiten versuchen zu deeskalieren, aber ob das gelingt, wissen wir nicht", sagte die hohe Quelle vor dem entscheidenden Treffen am Rande des Gipfels der großen Wirtschaftsnationen (G-20) am Freitag und Samstag in Osaka. "Wir sollten uns auf halbem Wege treffen", sagt Chinas Vizehandelsminister Wang Shouwen und schlägt vor dem - am zweiten Gipfeltag erwarteten - Treffen eher leise Töne an: "Das bedeutet, dass beide Seiten Kompromisse und Zugeständnisse machen müssen, nicht nur eine Seite."

Aus US-Sicht ist das Treffen enorm wichtig - die Erwartungshaltung tendiert allerdings gegen null. Die Amerikaner wissen, dass das Geflecht von gegenseitigen Abhängigkeiten, aggressiven Drohungen und Vermischung mit weiteren Politikfeldern viel zu komplex ist, um es mal eben bei einem Abendessen beider Präsidenten zu lösen. Und dass, obwohl Washington bis vor einiger Zeit genau diesen Eindruck vermitteln wollte: Trump kann jeden Deal - das sollte damals die Botschaft sein. Jetzt ist man vorsichtiger.

Engagement zeigen

"Der Präsident kann mit jedem Ausgang gut leben", lautet inzwischen die offizielle Sprachregelung im Weißen Haus. Das Treffen mit Xi Jinping sei nur eine Gelegenheit, sein Engagement zu zeigen und sich einen Überblick darüber zu verschaffen, wo die chinesische Seite stehe. Das klingt nach herzlich wenig, wenn man bedenkt, dass die Führer der zwei wichtigsten Wirtschaftsmächte der Welt aufeinandertreffen - die einen Haufen Probleme miteinander haben.

Trump pocht darauf, dass er den Handelskrieg mit China gewinne. Auch wenn internationale Beobachter diese Sichtweise keineswegs teilen: Aus seiner Sicht mag die Rechnung zumindest zum Teil aufgehen. Längst sieht er die Wirtschaftswelt in Blöcken: USA, Europäische Union und China - und alles, was den anderen beiden mehr schadet als den USA, baut die führende Stellung Amerikas aus. "Was den Handel angeht: Wir stehen im Wettbewerb mit der Europäischen Union, wir stehen im Wettbewerb mit China", sagte Trump.

Da sind sogar die Milliarden-Notfall-Subventionen für die leidenden US-Farmer zu verschmerzen. Die muss Trump auszahlen, damit ihm nicht die wichtige Wählerschicht vor der Wahl 2020 von der Fahne geht.

Ein gefährliches Spiel

Dennoch ist es ein gefährliches Spiel, das der Präsident mit seiner Volkswirtschaft treibt. Wenn er etwa massiv Einfluss auf die Notenbank-Politik nimmt und den hochdekorierten Volkswirten bei der Federal Reserve öffentlich Ahnungslosigkeit vorwirft - nur um seine Wahlkampfmaschinerie zu ölen - dann halten das auch Menschen aus seinem Umfeld nicht für eine nachhaltige Politik-Strategie. Die Frage ist, ob Trump den Wirtschaftsboom noch bis zur nächsten Wahl erhalten kann.

Dass er zu Ende geht, darüber gibt es unter Experten - von der Weltbank über den Internationalen Währungsfonds (IWF) bis zur Federal Reserve - keinen Dissens. Auch deswegen haben die Amerikaner Interesse, den Gesprächsfaden mit den Chinesen keinesfalls abreißen zu lassen. Dass sich auch US-Finanzminister Steven Mnuchin und Handelsbeauftragter Robert Lighthizer in Osaka mit ihren Amtskollegen treffen wollen, zeigt, dass auch die USA eine Notwendigkeit zu Gesprächen sehen und die Gelassenheit nicht ganz so groß ist, wie nach außen zur Schau getragen.

Chinas Führung ist verstört - nicht nur wegen der Unberechenbarkeit Trumps, sondern auch, weil er aus ihrer Sicht immer nur draufsattelt: Erst störte ihn, dass China mehr in die USA exportiert als umgekehrt. Daraufhin sagte China zusätzliche Käufe zu. Dann ging es auf einmal um Regeln und Gesetze, die China ändern sollte. Als sich China darauf einlassen wollte, verlangte er plötzlich noch viel mehr: Einen wirtschaftlichen Regimewechsel, mit dem der Staat sich komplett aus der Entwicklung der Wirtschaft heraushalten sollte. Am Ende hatte Peking das Gefühl, dass es eigentlich darum geht, China "kleinzumachen".

Ob berechtigt oder nicht, so ist die chinesische Befindlichkeit. Und wenn es stimmen sollte, dass Trump eine Art "neuen Kalten Krieg" gegen China führt und beide Wirtschaften "entkoppeln" will, dann wird auch ein Handelsdeal langfristig wenig daran ändern. Xi Jinping hat sein Land schon auf einen "neuen Langen Marsch" eingestimmt. Sein Vergleich mit dem Rückzug der Roten Armee im Bürgerkrieg gegen die nationalchinesischen Truppen deutet auf ein Kräftesammeln, eine Neuaufstellung hin. Unter dem Druck von außen stellt sich China jetzt auf eigene Füße, treibt seine Innovation und Eigenständigkeit voran.

Neuauflage

Der "Showdown" in Osaka ist eine Neuauflage des Treffens beider Präsidenten nach dem G-20-Gipfel in Argentiniens Hauptstadt am 2. Dezember, nur dass die Aussichten damals besser waren. In Buenos Aires hatten sich beide auf einen "Waffenstillstand" geeinigt, um die Verhandlungen voranzutreiben. Jetzt in Osaka könnte im günstigsten Fall auch wieder eine Fortsetzung der Handelsgespräche vereinbart werden. Dafür müsste Trump aber wohl seine angedrohte Ausweitung der Sonderzölle auf die restlichen mehr als 300 Milliarden US-Dollar an China-Importen erst einmal verschieben.

Während in Buenos Aires Optimismus herrschte, ist heute Pessimismus, ja, sogar Wut und Empörung zu spüren. Es geht nicht mehr um Zahlen, Einfuhrbeschränkungen oder Zollschranken, sondern - zumindest in der chinesischen Wortwahl - um "gegenseitiges Vertrauen", "Behandlung als Gleichberechtigte" und "Respekt vor der Souveränität". Die chinesische Losung lautet: China wolle den Handelskrieg nicht, fürchte ihn aber auch nicht und werde ihn bis zum Ende auskämpfen.

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