Nach Anschlag auf Nord-Stream-Pipeline: Auslieferung beantragt

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Der im August festgenommene Serhii K. wird beschuldigt, die Anschläge auf die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee koordiniert zu haben.

Zusammenfassung

  • Ein italienisches Gericht hat die Auslieferung des Ukrainers Serhii K. nach Deutschland wegen des Verdachts der Koordination der Nord-Stream-Anschläge 2022 angeordnet.
  • Serhii K., mutmaßlicher Ex-Agent des ukrainischen Geheimdienstes, bestreitet die Vorwürfe und will gegen die Auslieferung Einspruch einlegen, die Erfolgschancen gelten jedoch als gering.
  • Die Ermittler werfen ihm vor, mit gefälschten Ausweisen eine Segeljacht für den Anschlag gechartert und möglicherweise auch Anschläge auf russische Schiffe im Mittelmeer koordiniert zu haben.

Wegen des Anschlags auf die Nord-Stream-Gaspipelines in der Ostsee von Russland nach Deutschland hat ein italienisches Gericht am Dienstag die Auslieferung eines Ukrainers nach Deutschland angeordnet. 

Anschläge auf Nord-Stream-Pipelines koordiniert: Verdächtigter will Einspruch erheben

Der Mann wird verdächtigt, die Anschläge auf die Pipelines durch die Ostsee im Jahr 2022 koordiniert zu haben, wie aus einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Gerichtsbeschluss hervorgeht. Serhii K. will laut seinen Anwälten aber Einspruch dagegen einlegen.

Für Anschlag: Segeljacht mit gefälschten Ausweisen gechartert

Der Verdächtige war im August auf Grundlage eines europäischen Haftbefehls in der Nähe des italienischen Küstenortes Rimini festgenommen worden. Den Ermittlern zufolge gehörte Serhii K. zu einer Gruppe von Personen, die im September 2022 nahe der dänischen Insel Bornholm Sprengsätze an den Gaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 platzierten. Bei dem Beschuldigten handle es sich mutmaßlich um einen der Koordinatoren der Aktion, teilte die deutsche Bundesanwaltschaft im August mit.

Für die Tat sei eine in Rostock gestartete Segeljacht genutzt worden, die über Mittelsmänner mit gefälschten Ausweisen bei einem deutschen Unternehmen gechartert worden sei. Die Sprengsätze waren am 26. September 2022 detoniert. Mehrere Leitungen wurden dabei schwer beschädigt. Durch Nord Stream wurde russisches Gas direkt nach Deutschland gepumpt.

Einspruch gegen Auslieferung: Erfolgschancen gering

Der Verdächtige soll nach seiner Überstellung aus Italien dem Ermittlungsrichter des deutschen Bundesgerichtshofs vorgeführt werden. Allerdings versucht sein Anwalt Nicola Canestrini noch, mit einem Gang vor den italienischen Kassationsgerichtshof in Rom, die Überstellung an die deutschen Behörden zu verhindern. Die Aussichten werden als gering beurteilt.

Bei dem Haftprüfungstermin wies K. jegliche Vorwürfe zurück. Er behauptete, in der Zeit der Anschläge auf die Pipelines in der Ukraine gewesen zu sein. Auch Kiew bestreitet, hinter den Anschlägen auf die Gaspipelines zu stecken. Die Ukraine wehrt sich schon seit mehr als dreieinhalb Jahren gegen einen Angriffskrieg aus Russland.

Serhii K.: Beteiligung an Anschlägen auf Schiffe der russischen Schattenflotte?

Nach Informationen des Magazins Der Spiegel soll der Mann ein ehemaliger Agent des ukrainischen Geheimdienstes SBU sein. K. wurde in der Gemeinde San Clemente im Hinterland des beliebten Adria-Badeortes Rimini gefasst, wo er mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern die Ferien verbrachte. Die italienischen Behörden halten es für möglich, dass er auch an Anschlägen auf Schiffe der sogenannten russischen Schattenflotte im Mittelmeer beteiligt war.

Der Anschlag im Herbst vor drei Jahren hatte weltweit Schlagzeilen gemacht. Mehrere Sprengungen beschädigten die beiden Pipelines so sehr, dass kein Gas mehr durchgeleitet werden konnte. An drei der insgesamt vier Leitungen wurden Lecks entdeckt.

Allerdings war zuvor schon kein Gas mehr durch die Leitungen geflossen. Nach Kriegsbeginn im Februar 2022 hatte Russland seine Lieferungen schrittweise gedrosselt und Anfang September völlig eingestellt - angeblich wegen technischer Probleme. Beobachter vermuteten, dass damit der Druck auf den Westen und insbesondere Deutschland erhöht werden sollte, wegen des Kriegs erlassene Sanktionen gegen Russland zurückzunehmen. Inzwischen sind viele weitere Sanktionen hinzugekommen.

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