Französische Kampfjets für Belgrad? Wie Macron Serbien an die EU binden will
Der Aufschrei in der Bevölkerung war laut und die Proteste riesig, als vor einigen Wochen klar war: Präsident Aleksandar Vučić hat dem vor zwei Jahren gestoppten Abbau des Leichtmetalls Lithium im serbischen Jadar-Tal doch grünes Licht gegeben.
Negativ überrascht zeigten sich dann noch einmal viele, als zusätzlich bekannt wurde, dass das umstrittene Projekt zum zentralen Element eines Deals mit der EU werden soll. Brüssel und Belgrad wollen das Vorkommen des begehrten Rohstoffes, mit dem etwa Batterien für E-Autos hergestellt werden, demnach gemeinsam erschließen.
Damit möchte die EU sich unabhängiger von China machen, von wo bisher das meiste Lithium kam. Serbien versprach man dafür eine der größten Auslandsinvestitionen in der Geschichte des Landes.
Für Olaf Scholz ist es ein „wichtiges europäisches Projekt“, das man gar nicht hoch genug einschätzen könne. Der deutsche Kanzler war zur Unterzeichnung der Absichtserklärung extra nach Belgrad gereist, mit seiner bedeutenden Automobilindustrie dürfte Deutschland auch einer der größten Profiteure des Abkommens sein. Anwohner und Experten haben jedoch große Umweltbedenken, befürchten durch den Lithium-Abbau etwa Wasserverunreinigungen.
Die Allianz der Umweltorganisationen Serbiens (Seos) wandte sich in einem Brief nun an einen anderen europäischen Politiker: Sie bat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron um Unterstützung. Denn der wurde am späten Donnerstagnachmittag bei Vučić in Belgrad erwartet.
Dass Macron sich tatsächlich auf die Seite der besorgten Aktivisten stellt, ist sehr unwahrscheinlich. Ähnlich wie Scholz ist wohl auch er in Serbien, um vor allem lukrative Geschäfte zu machen. Mehrere Medien berichteten vorab von einem möglichen Waffenverkauf: 12 französische Rafale-Kampfjets für 3 Milliarden Euro.
Lösung oder Problem?
Damit würde man Serbien, das in den vergangenen Jahren stark aufgerüstet hat, unabhängiger von Russland und dessen Waffenlieferungen machen, so ein Argument für einen solchen Vertrag. Für Südosteuropa-Experte Marko Kmezić von der Universität Graz macht das wenig Sinn: „Serbien mit hochentwickelter militärischer Ausrüstung zu bewaffnen, löst das Problem nicht. Die Waffen könnten in Zukunft eher zu einem Problem werden.“
Serbien ist seit 2012 EU-Beitrittskandidat. Das Land erkennt seine einstige Provinz, den Kosovo, nicht als unabhängig an. Auch fünf EU-Länder tun das nicht (Spanien, Griechenland, Rumänien, Zypern, Slowakei).
Im Jänner 2023 sah es nach einem diplomatischen Erfolg aus: Belgrad und Pristina schienen sich unter EU-Vermittlung auf ein Abkommen geeinigt zu haben, das u. a. die De-facto-Anerkennung des Kosovo durch Serbien vorsah. Das hätte den EU-Beitrittsprozess Serbiens wohl enorm vorangetrieben. Letztlich kam es nicht zur Umsetzung, die Lage ist angespannt. Die NATO-geführte KFOR-Mission sorgt im Kosovo für mehr Sicherheit.
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