Russen stoßen weiter Richtung Bachmut vor
Tag 159 im Ukraine-Krieg: In der ostukrainischen Region Donezk haben die russischen Truppen Angaben in Richtung der Stadt Bachmut fortgesetzt. „Die Kämpfe dauern an“, teilte der ukrainische Generalstab am Montag auf Facebook mit.
Auch in der benachbarten Stadt Soledar habe es Vorstöße der Russen gegeben, die aber abgewehrt worden seien. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Der ukrainische Generalstab berichtete zudem von Kämpfen nordwestlich und westlich der unter russischer Kontrolle stehenden Großstadt Donezk. Die russischen Attacken bei Pisky und Marjinka seien jedoch ohne Erfolg geblieben, hieß es.
In der Region Donezk wurden bei russischen Angriffen in den vergangenen 24 Stunden drei Zivilisten getötet worden. Zwei Tote gebe es in der Stadt Bachmut, einen im nahe gelegenen Soledar, erklärt Gouverneur Pawlo Kyrylenko.
Auch die Stadt Charkiw sei vom russischen Militär angegriffen worden, teilt Oleh Synegubow, der Gouverneur der gleichnamigen Region mit. Zwei Zivilisten seien verletzt worden.
Schwachstelle Saporischschja
Großbritannien sieht unterdessen Anzeichen für eine Umgruppierung russischer Truppen vom Osten in den Süden der Ukraine.
Russland habe offenbar die Front im südukrainischen Gebiet Saporischschja als Schwachstelle identifiziert, an der Verstärkungen nötig seien, teilte das Verteidigungsministerium in London am Montag unter Berufung auf Geheimdienstinformationen mit.
Russland hatte bereits kurz nach Kriegsbeginn große Gebiete in der Südukraine besetzt. Zuletzt hatten ukrainische Truppen dort aber Gegenoffensiven begonnen und die russischen Streitkräfte auch dank der vom Westen gelieferten Artillerie unter Druck gesetzt.
„Russland passt vermutlich das operative Design seiner Donbass-Offensive an, nachdem es im Rahmen des seit April verfolgten Plans keinen entscheidenden operativen Durchbruch erzielt hat“, hieß es weiter. Russland werde wahrscheinlich eine beträchtliche Anzahl seiner Streitkräfte aus dem nördlichen Donbass-Sektor in die Südukraine verlagern.
Im Osten stocke die russische Offensive weiterhin, so das Ministerium. „In den vergangenen vier Tagen hat Russland weitere taktische Angriffe auf die Bachmut-Achse nordöstlich von Donezk versucht und nur langsam Fortschritte erzielt“, hieß es in der Mitteilung.
Selenskij verurteilt einen "der brutalsten Bombenangriffe"
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij hat den jüngsten russischen Beschuss auf die südukrainische Stadt Mykolajiw verurteilt und eine Reaktion seiner Armee angekündigt.
"Heute fand einer der brutalsten Bombenangriffe auf Mykolajiw und die Region statt", sagte Selenskij in seiner Videoansprache in der Nacht auf Montag. Zugleich betonte er: "Kein russischer Angriff bleibt von unseren Militärs und Geheimdienstlern unbeantwortet."
Mykolajiw war in den vergangenen Wochen fast täglich angegriffen worden.
Der Bürgermeister der Großstadt, Olexander Sjenkewytsch, bezeichnete den Beschuss bei Telegram als "wahrscheinlich den stärksten der ganzen Zeit" seit Kriegsausbruch. Weitere Zivilisten seien verletzt worden. In der Schiffsbauerstadt soll noch etwa die Hälfte der einst knapp 500.000 Einwohner ausharren.
Selenskij erinnerte in diesem Zusammenhang auch an Olexij Wadaturskyj, den Besitzer eines der größten ukrainischen Getreidehandel-Unternehmen, der in Mykolajiw getötet wurde. "In der Nacht kamen der Held der Ukraine und Generaldirektor von Nibulon, Olexij Wadaturskyj, und seine Frau Rajissa infolge von Beschuss tragisch ums Leben", schrieb der Gebietsgouverneur, Witalij Kim, am Sonntag beim Nachrichtendienst Telegram.
Wadaturskyj wurde 74 Jahre alt. Sein Vermögen wurde zuletzt auf umgerechnet über 400 Millionen Euro geschätzt.
Raketenangriffe auf Region Odessa
Der Stadtrat von Odessa teilte am Sonntag unter Berufung auf das Kommando Süd der ukrainischen Armee mit, zwei russische Raketen vom Typ „Iskander“ seien von der von Russland annektierten Halbinsel Krim aus abgeschossen worden. Laut der Gebietsverwaltung schlugen die Geschosse in einem Steinbruch ein.
Zu möglichen Opfern wurden keine Angaben gemacht. Moskau äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen. In der Region Odessa liegen alle drei Häfen, über die infolge eines kürzlich erzielten Abkommens bald wieder Getreide über das Schwarze Meer exportiert werden soll.
Russlands neue Marine-Doktrin
Auf der Krim, von wo aus die Raketen abgefeuert worden sein sollen, waren zuvor russische Feierlichkeiten zum „Tag der Marine“ abgesagt worden - unter Verweis auf einen angeblichen Drohnen-Angriff der Ukrainer auf die Stadt Sewastopol. Die ukrainische Marine dementierte das und teilte mit, Russland hätte den Vorfall „erfunden“.
In Wirklichkeit hätten sich die Russen aus Angst vor ukrainischen Angriffen nicht getraut, dort wie geplant die Feierlichkeiten abzuhalten, hieß es. Die russische Seite hingegen teilte mit, in Sewastopol sei der Stab ihrer Schwarzmeerflotte angegriffen worden. Sechs Menschen seien dabei am Sonntag verletzt worden, schrieb der Gouverneur von Sewastopol, Michail Raswoschajew.
Rotes Kreuz wartet auf Zugang zu angegriffenem Gefängnis Oleniwka
Das Rote Kreuz hat nach dem Angriff auf ein Gefangenenlager im Osten der Ukraine zunächst vergeblich auf Zugang zu den Verletzten gewartet. Bis zum Sonntagnachmittag hatte das IKRK noch keine Erlaubnis für einen Zugang zum Gefängnis erhalten, wie ein Sprecher in Genf sagte. Das russische Verteidigungsministerium hingegen erklärte, es habe das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zu einem Besuch eingeladen.
Oleniwka liegt bei Donezk auf dem Gebiet, das prorussische Separatisten mit Moskaus Hilfe kontrollieren. In der Baracke mit Kriegsgefangenen soll in der Nacht zum Freitag eine Rakete eingeschlagen sein. Selenskyj sprach von einem vorsätzlichen russischen Kriegsverbrechen. Nach russischer Darstellung wurde die Einrichtung von einem Himars-Mehrfachraketenwerfer aus den USA getroffen, den die ukrainische Armee einsetzt. Moskau veröffentlichte zudem die Namen von 50 getöteten und 73 verletzten Gefangenen.
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