Selenskij: "Müssen Europas Verteidigungsindustrie aufbauen"

- Selenskij fordert die EU zur Stärkung einer eigenen europäischen Rüstungsindustrie auf.
- Entscheidende Waffenlieferungen und Sanktionen sollen Russland in ihrer Wirkung einschränken.
- Russland führt weiterhin einen harten Krieg in der Ukraine, trotz Sanktionen und westlicher Unterstützung.
Vor dem Hintergrund eines Teilstopps US-amerikanischer Waffenlieferungen fordert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij die EU zur Stärkung der eigenen Rüstungsindustrie auf.
"Wir müssen Europas eigene Verteidigungsindustrie aufbauen, damit Russland uns in keinem Bereich überlegen sein kann", sagte der Staatschef am Donnerstag bei einem Abendessen anlässlich der Übernahme des EU-Ratsvorsitzes durch Dänemark in Aarhus.
Waffenlieferungen für die Ukraine seien zusammen mit neuen scharfen Sanktionen gegen Russland entscheidend für die Sicherheit Europas, so Selenskij. Die Sanktionen seien so zu gestalten, dass Moskau nichts mehr erhalte, was für die Waffenherstellung verwendet werden kann.
Die Ukraine wehrt sich seit mehr als drei Jahren mit westlicher Hilfe gegen eine russische Invasion. Trotz beispielloser Sanktionen setzt Russland seinen Krieg gegen das Nachbarland mit unveränderter Härte fort und kontrolliert einschließlich der bereits 2014 annektierten Halbinsel Krim fast ein Fünftel des ukrainischen Staatsgebiets.
Heftige Angriffe auf die Ukraine
Russland hat die Ukraine nach Angaben Kiews mit den schwersten nächtlichen Angriffen seit Kriegsbeginn im Februar 2022 überzogen. In der Nacht auf Freitag sei die "größte Zahl" an Drohnen eingesetzt worden, "die der Feind jemals in einem einzelnen Angriff verwendet" habe, sagte Armeesprecher Juri Ignat im ukrainischen Fernsehen. Zuvor hatte die Armee erklärt, dass Russland die Ukraine in der Nacht mit 539 Drohnen und elf Raketen angegriffen habe.
Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha wertete die neuerlichen Angriffe als klares Zeichen dafür, dass Moskau kein Interesse an Frieden habe. Es sei bezeichnend, dass die Angriffe direkt nach einem Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin erfolgt seien. "Gleich, nachdem Putin mit Präsident Trump gesprochen hat", schrieb Sybiha am Freitag in Onlinemedien. "Und er tut es mit Absicht. (...) Putin zeigt deutlich seine völlige Missachtung der USA und aller, die ein Ende des Krieges fordern."
Telefonat mit Trump
US-Präsident Donald Trump und sein ukrainischer Amtskollege Selenskij werden einem Zeitungsbericht zufolge voraussichtlich am Freitag miteinander telefonieren. Dabei werde es um den abrupten Stopp einiger wichtiger Waffenlieferungen der USA an die Ukraine gehen, berichtete die Financial Times am Donnerstag unter Berufung auf mit den Planungen vertraute Personen. Selenskij werde auch mögliche künftige Waffenverkäufe ansprechen.
US-Beamte hatten zuvor einen vom Weißen Haus angekündigten Stopp von US-Waffenlieferungen an die Ukraine relativiert. Pentagon-Sprecher Sean Parnell erklärte am Mittwoch, das US-Verteidigungsministerium biete Trump "weiterhin robuste Optionen für die militärische Unterstützung der Ukraine, die mit seinem Ziel, diesen tragischen Krieg zu beenden, im Einklang stehen".
Keine "Beendigung der Unterstützung"
Das Ministerium prüfe seinen Ansatz zur Erreichung dieses Ziels und passe ihn an, "ohne dabei die militärische Bereitschaft der USA und ihre Prioritäten bei der Verteidigung zu vernachlässigen", sagte Parnell vor Journalisten. Außenministeriumssprecherin Tammy Bruce betonte ihrerseits, dass es sich nicht um eine "Beendigung der Unterstützung für die Ukraine oder der Waffenlieferungen" handle. Trump habe außerdem erklärt, dass er an seinem Engagement für eine Lieferung von Patriot-Raketen festhalte, sagte sie mit Blick auf das US-Luftverteidigungssystem, welches bei der Abwehr von russischen Angriffen auf die Ukraine eine wichtige Rolle gespielt hat.
Das Weiße Haus hatte am Dienstag mitgeteilt, dass die USA einige wichtige Waffenlieferungen an die Ukraine stoppen, die dem von Russland angegriffenen Land unter der Regierung von Ex-Präsident Joe Biden zugesagt worden waren. Zuvor hatten US-Medien berichtet, dass Washington angesichts eines Rückgangs seiner eigenen Munitionsbestände besorgt sei. Die Ankündigung aus Washington löste in Kiew große Besorgnis aus. Russland reagierte mit Genugtuung.
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