Erbschaftssteuer? Warum 2.500 Schweizer Superreiche wieder aufatmen

Anti World Economic Forum (WEF) protest in Davos
Die Volks-Initiative für die Einführung einer bundesweiten Erbschaftssteuer dürfte klar abgelehnt werden. Abgestimmt wird auch über einen verpflichtenden Gemeinschaftsdienst auch für Frauen.

Schweizer Multimilliardäre gelten gemeinhin als medienscheu. Wenn also ein Unternehmer wie Thomas Straumann, Besitzer des Weltmarktführer-Konzerns für Zahnimplantate, zum Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) bittet, scheint Feuer am Dach zu sein. Grund für die Sorge Straumanns und anderer eidgenössischer Superreicher ist die bevorstehende Volksabstimmung über die Einführung einer bundesweiten Erbschaftssteuer.

Komme sie, warnte der Milliardär, der sich laut NZZ sonst „nur zu Orthopädie und Springpferden“ äußert, werde er möglicherweise das Land verlassen. Andere Superreiche drohen Ähnliches an. Der Präsident der Liberalen Partei FDP, Thierry Burkart, spricht gar nur von einer „Enteignungsinitiative“.

Eingebracht haben die Initiative, über die am 30. November angestimmt wird, die Schweizer Jungsozialistinnen und -sozialisten (JUSO). Ihre Forderung: Ab einem Freibetrag von 50 Millionen Franken (54 Mio. Euro) soll ein Steuersatz von 50 Prozent zum Tragen kommen.

Vererbt also etwa eine Person 200 Millionen Franken, müssten 150 Millionen davon versteuert werden – 75 Millionen Franken wären demnach an den eidgenössischen Fiskus abzuliefern. Rund 2.500 Haushalte in der Schweiz wären von dieser Maßnahme betroffen.

Gegen die Klimakrise

Laut Berechnungen der JUSO würde der Bund mit einer landesweiten Erbschaftssteuer rund sechs Milliarden Franken pro Jahr einnehmen. Und diese Summen sollten überwiegend in „die gerechte Bekämpfung der Klimakrise fließen“, heißt es.

Die Kritiker einer bundesweiten Erbschaftssteuer halten dagegen: Weil so viele Reiche abwandern würden, könnten die Steuereinnahmen der Schweiz in ihrer Gesamtheit sogar sinken. Diese Sorge sowie die Angst vor der Verlagerung ganzer Unternehmen in ein steuergünstigeres Ausland treibt den Gegnern der Initiative die Stimmen zu:

Laut jüngsten Umfragen sind 62 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer gegen die Einführung einer bundesweiten Erbschaftssteuer. Bis zur Abstimmung Ende November dürfte die Zahl der „Nein“-Stimmen noch deutlich steigen. Selbst Stimmberechtigte mit einem kleineren Haushaltseinkommen als dreitausend Franken pro Monat wollen keine Erbschaftssteuer (60 Prozent sagen Nein).

Erbschaftssteuern gibt es in der Schweiz durchaus – sogar in 24 der 26 Kantonen (ausgenommen Obwalden und Schwyz), in 23 Kantonen werden Schenkungssteuern eingehoben. Die Einnahmen daraus beliefen sich 2022 (letzte verfügbare Daten der Kantone) auf rund 1,4 Milliarden Franken.

Vor zehn Jahren hat die Schweiz schon einmal über die Einführung einer landesweiten Erbschaftssteuer abgestimmt – mit einer überdeutlichen Ablehnung: 71,7 Prozent wollten davon nichts wissen.

Abstimmung über Gemeinschaftsdienst 

Wäre schon diese Woche abgestimmt worden, hätte sich für die Schweiz eine Sensation ergeben: Dann nämlich hätten sich die Schweizerinnen und Schweizer laut Umfragen mit knapper (relativer) Mehrheit von 48 Prozent für die  Service-Citoyen-Initiative entschieden: Demnach wären nicht nur Männer, sondern auch Frauen dienstpflichtig. Das müsste für die Frauen aber nicht im Militär sein, sondern dieser Dienst an der Allgemeinheit könnte in Form „eines anderen, gleichwertigen Milizdienstes erfolgen“, heißt es in der Initiative. Am besten kommt dieses Volksbegehren laut Umfragen bei Wählern und Wählerinnen der Grünen  an.

Doch die Erfahrung bei den vier Mal jährlich stattfindenden Volksabstimmungen in der Schweiz zeigt: Je intensiver sich die  Bevölkerung mit den Themen befasst, umso stärker schwindet die anfängliche Zustimmung für – ungewöhnliche – Initiativen. Abgestimmt wird über die Service-Citoyen-Initiative erst am 30. November. Bis dahin könnte das knappe mehrheitliche „Ja“ verschwunden sein. 

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