Schäuble vergleicht Türkei mit der DDR, Erdogan poltert

"Neuausrichtung" der Türkei-Politik: Präsident Erdogan fordert Deutschland auf, sich "zusammenzureißen".

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die Türkei mit der DDR verglichen. "Die Türkei verhaftet inzwischen willkürlich und hält konsularische Mindeststandards nicht ein", sagte Schäuble zur Bild-Zeitung. Er ergänzte: "Das erinnert mich daran, wie es früher in der DDR war." Schäuble sagte, die Bundesregierung könne für die Sicherheit deutscher Türkei-Touristen "nicht mehr garantieren".

Auch der deutsche Justizminister Heiko Maas ( SPD) warnte vor Reisen in die Türkei. Er sagte, ebenfalls in der Bild von Freitag, "wer in die Türkei reist, verbringt seinen Urlaub leider nicht in einem Rechtsstaat".

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte eine "Neuausrichtung" der Politik gegenüber Ankara angekündigt. Neben verschärften Hinweisen für Türkei-Urlauber kündigte das Außenministerium auch an, Wirtschaftshilfen und Exportgarantien für die Türkei zu überdenken.

Bei einer Rede in Istanbul sprach der türkische Präsident Erdogan von "Drohgebärden". Deutschland könne seinem Land keine Angst machen und solle „sich zusammenreißen“.

Türkische Minister reisen am Dienstag zu Gesprächen nach Brüssel

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu und EU-Minister Ömer Celik reisen am kommenden Dienstag zu politischen Gesprächen nach Brüssel. Wie die Vertretung der Türkei bei der EU am Freitag mitteilte, werden die Regierungspolitiker die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini und EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn treffen.

Themen der Gespräche sollten unter anderem die EU-Beitrittsverhandlungen, die geplante Visa-Liberalisierung sowie die Zusammenarbeit in Bereichen wie Handel und Terrorbekämpfung sein. Die Intensivierung des Dialogs sei am 25. Mai bei einem Gespräch von Staatschef Recep Tayyip Erdogan mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Ratspräsident Donald Tusk vereinbart worden. Ungeachtet der anhaltenden Spannungen mit Ländern wie Deutschland hatte der türkische EU-Minister Celik bereits am vergangenen Dienstag eine sofortige Wiederaufnahme der de facto zum Erliegen gekommenen EU-Beitrittsverhandlungen gefordert. Sein Land sei in diesem Rahmen auch bereit, über Themen wie Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit zu reden, sagte er in Brüssel. Celik machte zugleich deutlich, dass sein Land nicht bereit sein werde, eine abgespeckte Partnerschaft mit der EU zu akzeptieren. Die geplante Erweiterung der Zollunion mit der EU sei notwendig, aber keine Alternative.

In Reaktion auf die Ereignisse nach dem Putschversuch in der Türkei hatten die EU-Staaten im vergangenen Dezember beschlossen, bis auf Weiteres keine neuen Verhandlungskapitel mehr zu eröffnen. Damit sollte unter anderem das Vorgehen der türkischen Behörden gegen Journalisten und Oppositionspolitiker sanktioniert werden.

Die Verhandlungen über die 15 noch offenen Kapitel kommen derzeit allerdings ebenfalls nicht voran. Erst eines - Wissenschaft und Forschung - wurde mit positivem Ergebnis vorläufig geschlossen. Themen wie Justiz, Grundrechte und Freiheit wären Teil der bisher nicht geöffneten Verhandlungskapitel 23 und 24.

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