Melonis Zukunftsplan: Lieber mehr eigene Kinder als Migranten

Melonis Zukunftsplan: Lieber mehr eigene Kinder als Migranten
Trotz Fachträftemangels und niedriger Geburtenrate warnt die Regierung vor einem „ethnischem Austausch“.

Das Bild der Statistikbehörde Eurostat ist dramatisch: Italien wird am Ende dieses Jahrhunderts wohl die älteste Bevölkerung unter allen EU-Ländern haben. 8,8 Millionen weniger Italiener als heute werden dann leben, statt den jetzigen 59 Millionen nur mehr gut 50. Diese Vorhersage ruft bei so manchen eine Horrorvision hervor: Irgendwann werde es keine Italiener mehr geben.

Das fürchtet etwa auch Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida von der Mitte-rechts-Regierung. Er warnte: „Wir können uns nicht mit der Idee des ethnischen Austausches abfinden – nur weil Italiener weniger Kinder auf die Welt bringen“ und das Manko mit anderen aufgefüllt werden müsse. Die Aussage sorgte für heftige Empörung. Das ungute Gefühl eines Déjà-vu aus der Zeit des Faschismus erfasste einige. Premierministerin Giorgia Meloni drückte sich vorsichtiger aus.

Bei der Eröffnung der Mailänder Möbelmesse sagte sie, auf den Fachkräftemangel hinweisend: „Dieses Problem kann man unterschiedlich angehen. Wir wollen es aber nicht anhand der Migranten lösen.“ Stattdessen soll der Eintritt der Frauen in den Arbeitsmarkt erleichtert werden, ohne deswegen aber auf die Mutterschaft verzichten zu wollen.

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Die Regierung erwägt jetzt, dem ungarischen Beispiel zu folgen, und Familien mit mehreren Kindern die Steuern zu streichen oder zumindest stark zu senken.

Wer zahlt die Pensionen?

Melonis Stellungnahme war auch an den Chef der italienischen Pensionsbehörde INPS Pasquale Tridico gerichtet. Dieser hatte unlängst darauf hingewiesen, dass „ohne Migranten die Lage in 20 Jahren für die italienische Pensionskasse mehr als kritisch sein wird“.

Die Fakten: Heute zählt Italien 16,5 Millionen Pensionisten. In Zukunft wird die Zahl jener, die in den Arbeitsmarkt einsteigen, und jener, die in den Ruhestand wechseln, bei 1:1 liegen. Das Verhältnis müsste jedoch mindestens bei 1,5:1 liegen. „Genauso wie die anderen wirtschaftlich wichtigen Länder brauchen auch wir eine reguläre und beständige Einwanderung“, so Tridico.

2022 zählte man rund sechs Millionen registrierte Ausländer in Italien, 3,5 Millionen aus Drittstaaten. Die ohne Aufenthaltsgenehmigung wurden auf knapp 500.000 geschätzt. Es sind die Migranten, die einen wesentlichen Teil der Pensionen bezahlen: 6,6 Prozent der Zahlungen in die Pensionskasse stammen von Ausländern, die Auszahlungen an diese betragen nur 0,6 Prozent.

Das Thema Migranten ist aber ein heikles für die rechtsnationalistische Regierung. Bis Ende März dieses Jahres sind 32.769 Migranten in Italien angekommen. 2022 waren es im selben Zeitraum 8.432. Im Wahlkampf hatte Meloni versprochen, die illegalen Ankünfte drastisch zu reduzieren; mit den Ländern auf der anderen Seite des Mittelmeeres wollte man Ausbildungsprojekte starten, damit Menschen legal einwandern können.

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Notstand ausgerufen

Bis jetzt ist es aber bei den Ansagen geblieben. Stattdessen wurde wegen der Migrantenströme einen sechsmonatigen Ausnahmezustand beschlossen. Dieser erlaubt es der Regierung, wie in der Pandemie, Gesetze ohne Abstimmung im Parlament zu verabschieden. Ein Sonderbeauftragter soll nun für die Errichtung von Aufnahmezentren in jeder Region sorgen. Die von Mitte-links-Koalitionen verwalteten Regionen haben Widerstand angekündigt.

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