Rohstoffe für Trump, Territorium für Putin: Warum Europa in der Ukraine im Abseits steht

Rohstoffe für Trump, Territorium für Putin: Warum Europa in der Ukraine im Abseits steht
Eine historische Abstimmung gegen Europa im UN-Sicherheitsrat stellt die westliche Allianz in Frage. EU reagiert mit hektischer Aktivität

Stimmenthaltung: Mehr Widerstand gegen Trump und seine Ukraine-Offensive brachten Europas Vertreter im UN-Sicherheitsrat nicht mehr zusammen. Großbritannien und Frankreich verzichteten also auf ihr Vetorecht im UN-Sicherheitsrat, machten so den Weg frei für eine historische Kehrtwende:

Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg stimmten die USA gemeinsam mit Russland und China gegen die Vertreter Europas. Im mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen wurde so die transatlantische Allianz gekippt. Die von den USA eingebrachte Resolution wurde verabschiedet: Sie fordert einen raschen Frieden in der Ukraine. Die Wiederherstellung des Landes in seinen internationalen Grenzen wird darin in keinem Wort erwähnt, ebenso wenig wie die Verantwortung Russlands für den Krieg.

Schürfrechte für USA

Damit bleiben die USA genau auf der Linie, die Trump schon vor seinem Amtsantritt vorgegeben hat. Ein Waffenstillstand wird von Washington und Moskau quasi unter vier Augen ausgehandelt. Die Ukraine muss die Verluste an Territorium hinnehmen und ist bestenfalls geduldeter Gast am Verhandlungstisch, eine Rolle, wie sie Trump auch Europa zugedacht hat.

Der US-Vorstoß in der UNO ist Teil eines ausgefeilten Plans, bei dem die Trump-Regierung offensichtlich vor allem eines im Visier hat: Den Reichtum der Ukraine an Bodenschätzen, wie Erdgas, Lithium oder Seltene Erden. Während auf der geostrategischen Ebene der Gesprächsreigen im Eiltempo vorangetrieben wird, verhandelt Washington auch mit Kiew.

Es geht, wie bei Trump so oft, um eine simples Gegengeschäft: Eine Sicherheitsgarantie für die Ukraine gegen Schürfrechte für US-Firmen. Trump hat offen angekündigt, er werde sich jeden Dollar an geleisteten US-Hilfen für die Ukraine mit zwei Dollar an wirtschaftlichen Profiten abgelten lassen.

Einigung rückt näher

Dem ersten US-Entwurf für dieses Abkommen hat der ukrainische Präsident Selenskij noch kurzerhand abgewiesen: Er werde keine Verträge unterschreiben, für die noch Generationen von Ukrainern bezahlen müssten.

Inzwischen aber kursiert - auch in Brüssel - ein weiterer Entwurf für dieses Abkommen. Man scheint sich soweit angenähert zu haben, dass auch die ukrainische Seite bereits signalisiert hat, dass man handelseinig werden könnte. Schon in den kommenden Tagen wird ein Team von US-Verhandlern in der Ukraine erwartet, um weitere Details des Abkommens zu besprechen. Trump persönlich will Selenskij in den nächsten Wochen treffen.

Dass Russland fix damit rechnet, ukrainisches Territorium zugeschrieben zu bekommen, macht der Kreml schon mit einer Bemerkung seines Sprechers Dmitry Peskow deutlich: „Wir haben unser eigenen Pläne, diese strategischen Ressourcen zu entwickeln, aber es gibt genügend Raum für Zusammenarbeit mit den USA.“ Moskau fühlt sich jedenfalls bereits so siegessicher, dass man den aktuellen Stand der Verhandlungen als „Startpunkt“ bezeichnete. Man werde erst in einen Waffenstillstand einwilligen, wenn Russlands Forderungen erfüllt seien.

Einen Vorschlag lehnt man jedenfalls bisher kategorisch ab: Europäische Friedenstruppen in der Ukraine. Das aber ist die Rolle, die Trump den Europäern zugedacht hat. Das hat der US-Präsident erst am Montag bei seinem Treffen mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron bestätigt.

Viel Besuch aus Europa

Der hatte bei seinem Besuch im Weißen Haus für offensichtlich gute Stimmung und ein paar freundschaftliche Bemerkungen Trumps über seinen „Freund“ gesorgt, von seiner Linie aber war der Gastgeber um keinen Zentimeter abgewichen.

Macron konnte also bei seiner Heimkehr nur noch einmal Europas Haltung betonen, in bereits deutlich abgeschwächter Form. Der Sieg für die Ukraine und die Wiederherstellung ihres Territoriums ist zur Forderung geschrumpft, dass ein Waffenstillstand „keine Kapitulation“ der Ukraine bedeuten dürfte.

Gleich nach Macron wird am Mittwoch EU-Außenministerin Kaja Kallas in Washington erwartet. Der britische Premierminister Keir Starmer dann am Tag danach. Große Zugeständnisse der USA erwartet sich in Brüssel niemand.

Entsprechend hektisch gehen hier die diplomatischen Aktivitäten weiter. Gerade erst hat man einen Sondergipfel zur Ukraine für den 6. März in der EU-Hauptstadt einberufen, jetzt kommt an diesem Mittwoch ein weiterer Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs dazu, allerdings nur per Videoschaltung. Diplomaten aber schrauben die Erwartungen für all diese Treffen bereits vorab zurück. Zu groß sei die Uneinigkeit darüber, wer was für die Ukraine zu leisten habe.

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