Mit Gegenwind auf EU-Kurs: Hauchdünner Vorsprung bei Volksabstimmung in Moldau
Am Ende werden es wohl wenige Hundert Stimmen entscheiden - und die kommen vor allem von Bürgern, die seit vielen Jahren im westlichen Ausland leben.
Eine Volksabstimmung über einen zukünftigen EU-Beitritt der Republik Moldau hat eine hauchdünne Mehrheit der EU-Befürworter gebracht.
Knappes Ergebnis in Moldau
Das Referendum war von Moldaus Präsidentin Maia Sandu anberaumt worden, die sich damit Rückenwind für ihren pro-westlichen Kurs erwartet hatte. Doch das knappe Ergebnis - beide Lager liegen Montag früh bei rund 50 Prozent - zeigt nur, wie gespalten das kleine Land in Sachen EU-Kurs ist.
Eine herbe Enttäuschung für Amtsinhaberin Maia Sandu. Bei der zugleich abgehaltenen Präsidentenwahl in Moldau am Sonntag schaffte die zwar eine klare relative Mehrheit erzielt, lag aber auch da weit unter ihren eigenen Erwartungen. Sandu kam nach den aktualisierten Teilergebnissen zufolge auf 41,9 Prozent der Stimmen, ihr pro-russischer Widersacher Alexandr Stoianoglo erreichte 26,3 Prozent. Drittplatzierter war der prorussische Unternehmer und frühere Kommunalpolitiker Renato Usatii mit 13,7 Prozent. Damit muss Sandu in eine Stichwahl mit Stoiagnolo am 3. November. Und die könnte zumindest knapp ausfallen, da der Drittplatzierte sich wohl hinter Stoianoglo stellen wird - und damit gegen die pro-westliche Maia Sandu.
Präsidentin gibt Russland die Schuld
Tief enttäuscht sprach Sandu noch in der Nacht von Wahlmanipulation und einer Attacke demokratiefeindlicher Kräfte auf die Präsidentenwahl. Kriminelle Gruppen hätten gemeinsam mit einer ausländischen Macht versucht, die Lage in Moldau zu destabilisieren. Die nach einem EU-Beitritt strebende Führung des verarmten Agrarlandes sieht Russland als größte Bedrohung für die Stabilität der Republik.
Es gebe Beweise, dass 300 000 Stimmen gekauft worden seien, sagte Sandu bei einem nächtlichen Auftritt in der Hauptstadt Chișinău. Dutzende Millionen Euro seien ausgegeben worden, um Lügen und Propaganda zu verbreiten. „Wir haben es mit einem beispiellosen Angriff auf die Freiheit und die Demokratie in unserem Land zu tun“, wurde Sandu von örtlichen Medien zitiert.
Ein Oligarch als Zentralfigur
Zentralfigur und Drahtzieher dieser pro-russischen Aktivitäten und mutmaßlichen Manipulationen ist der moldauische Oligarch Ilan Shor, der nach Korruptionsskandalen in Moldau das Land verlassen musste und in Russland im Exil lebt. Er hatte am Sonntagabend bereits die "laute und klare" Ablehnung des EU-Beitritts durch die Moldauer gefeiert. Moldauische Sicherheitskräfte hatten schon vor dem Urnengang Wählerbestechung und prorussische Desinformation in dem Land mit rund 2,5 Millionen Einwohnern aufgedeckt. Shor selbst hatte sich in Sozialen Medien direkt an die russischsprachigen Bürger Moldaus gewandt. Diesen versprach er 100 Euro pro Monat, wenn sie bereit seien, beim Referendum gegen die EU zu stimmen. 100 Euro entsprechen in etwa einer staatlichen Pension in Moldau.
Bei ihrer Stimmabgabe sagte Sandu, der Wahlausgang müsse vom "Willen des moldauischen Volkes" bestimmt werden und nicht "von schmutzigem Geld". Die Präsidentin beschuldigt Moskau immer wieder, sich politisch in der ehemaligen Sowjetrepublik einzumischen. Anfang Oktober hatte die moldauische Polizei einen großangelegten Wahlbetrug aufgedeckt, bei dem mehr als 100.000 Menschen bestochen worden sein sollen, um im Sinne Moskaus abzustimmen. Nach Einschätzung des moldauischen Politikinstituts WatchDog hat Moskau allein in diesem Jahr mehr als 100 Millionen Dollar (92 Millionen Euro) für Einmischungen in die moldauische Politik ausgegeben. Der Kreml wies alle Vorwürfe "kategorisch" zurück. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte bei einem Besuch in Chișinău und einem Treffen mit Sandu kurz vor der Abstimmung ihrerseits 1,8 Milliarden Euro an Fördergeld in Aussicht gestellt.
Moldau grenzt an die Ukraine und an Rumänien. Seit dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine im Februar 2022 befürchten viele Moldauer, dass Russland ihr Land als nächstes angreifen könnte. Sorge bereitet vielen auch die Lage in der russischsprachigen Region Transnistrien, die sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion von Moldau abgespalten hatte.
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