Reporterin in Israel erschossen, Sender spricht von Mord durch Polizei

Al Jazeera journalist Shireen Abu Akleh killed in Jenin
Shireen Abu Akleh berichtete seit 15 Jahren vom Nahost-Konflikt. Obwohl sie Schutzausrüstung mit der Aufschrift "Presse" trug, wurde sie per Kopfschuss getötet.

Eine Reporterin des TV-Senders Al-Jazeera ist während eines israelischen Militäreinsatzes im besetzten Westjordanland durch Schüsse getötet worden. Die israelische Armee berichtete, es habe ein heftiges Feuergefecht mit Dutzenden militanten Palästinensern während einer Razzia in einem Flüchtlingscamp in Jenin gegeben. Israelische Soldaten haben zudem nach palästinensischen Angaben bei Ramallah einen 18-Jährigen erschossen.

Der junge Mann sei ins Herz getroffen worden, teilte das Gesundheitsministerium in Ramallah am Mittwoch mit. Informationen zu den genauen Umständen gab es zunächst keine. Eine Armeesprecherin machte zunächst auch keine weiteren Angaben.

Wurde Journalistin "hingerichtet"?

Auch wie genau die bekannte Journalistin Shireen Abu Akleh in Jenin ums Leben kam, blieb am Mittwoch zunächst unklar. Möglicherweise sei die 51-Jährige von Kugeln der Palästinenser getroffen worden, hieß es.

Al Jazeera says reporter killed by Israeli army gunfire in West Bank

Kollegen reagieren geschockt auf den Tod von Abu Akleh. Bilder beweisen, dass sie klar sichtbar Schutzausrüstung mit der Aufschrift "Presse" trug.

Das palästinensische Gesundheitsministerium hatte mitgeteilt, die Journalistin sei durch Schüsse tödlich am Kopf verletzt worden. Ein anderer Journalist der palästinensischen Zeitung "Al-Quds", der auch für Al-Jazeera arbeitet, sei bei dem Vorfall ebenfalls angeschossen worden.

Al-Jazeera warf Israel dagegen einen gezielten, kaltblütigen Mord vor. Auch der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas sprach von einem "Verbrechen der Hinrichtung".

Die Reporterin habe über die Razzia berichtet und dabei eine Weste mit der gut lesbaren Aufschrift "Presse" getragen, schrieb Al-Jazeera. Die Palästinenserin aus Ost-Jerusalem war schon seit mehr als 20 Jahren für den katarischen Sender im Einsatz. Besonders in der arabischen Welt war sie für ihre Berichterstattung über den Nahost-Konflikt sehr bekannt.

Der für den arabischen Raum zuständige ORF-Korrespondent Karim El-Gawhary schrieb auf Facebook über Akleh: "Sie war für die arabische Welt das Gesicht der Berichterstattung aus den palästinensischen Gebieten."

Al-Jazeera verurteilte die tödlichen Schüsse als "abscheuliches Verbrechen, dessen Ziel es war, die Medien an der Berichterstattung zu hindern". Der Sender warf der israelischen Regierung und der Armee vor, für den Tod der Reporterin verantwortlich zu sein. Er rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, das israelische Militär zur Verantwortung zu ziehen.

Der israelische Außenminister Yair Lapid bot den Palästinensern eine gemeinsame Untersuchung und Obduktion an. "Journalisten in Konfliktgebieten müssen geschützt werden. Und wir haben alle eine Verantwortung, die Wahrheit herauszufinden", sagte Lapid nach Angaben seines Büros.

Israel will Vorfall untersuchen

Die israelische Armee teilte mit, Soldaten seien in Jenin im Einsatz gewesen, um Terrorverdächtige festzunehmen. Dutzende von bewaffneten Palästinensern hätten auf die Truppen geschossen. "Die Terroristen warfen auch Sprengsätze auf die Soldaten und gefährdeten ihr Leben." Die Soldaten hätten zurück in die Richtung gefeuert, aus der geschossen wurde, und es seien Treffer identifiziert worden.

"Die israelische Armee untersucht den Vorfall und die Möglichkeit, dass die Journalisten durch die bewaffneten Palästinenser getroffen wurden", hieß es weiter. Al-Jazeera schrieb aber unter Berufung auf seinen Bürochef in Ramallah, Walid Omari, es habe von palästinensischer Seite gar keine Schüsse gegeben. Auch die Armee bot der palästinensischen Seite eine gemeinsame Untersuchung an.

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