Frau muss wegen Regenbogen-Ohrringen in russische Haft

Regenbogen am Himmel über Moskau
Ein Gericht habe die Arreststrafe mit dem Zurschaustellen "extremistischer Symbolik" begründet. Queere Menschen werden in Russland als "Extremisten" verfolgt.

Inmitten zunehmender Repressionen gegen queere Menschen in Russland muss eine junge Frau für das Tragen von Ohrringen in Regenbogenfarben fünf Tage lang in Haft. Ein Gericht in der Stadt Nischni Nowgorod östlich von Moskau habe die Arreststrafe mit dem Zurschaustellen "extremistischer Symbolik" begründet, teilte die Hilfsorganisation "Egida" unter Berufung auf einen Anwalt der Frau mit. Auch unabhängige russische Medien berichteten über die Verurteilung.

Es war demnach der erste bekannt gewordene Fall einer Haftstrafe wegen Regenbogen-Symbolik, seit Russland im vergangenen November die LGBTQI+-Community unter internationalem Protest als "extremistisch" eingestuft und damit die Rechte lesbischer, schwuler und queerer Menschen radikal eingeschränkt hatte.

➤ Mehr lesen Sie hier: Russland verbietet LGBTQ-Bewegung als "extremistisch"

Die englische Abkürzung LGBTQI+ steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans, queere sowie intergeschlechtliche Menschen. Das Pluszeichen sowie das Sternchen sind Platzhalter für weitere Identitäten und Geschlechter. Die Regenbogen-Flagge ist eines der Community-Symbole.

➤ Mehr lesen Sie hier: Als Homosexuelle von Russland nach Wien geflüchtet: "Sie würden mich töten"

Regenbogen-Schmuck und eine ukrainische Flagge als Anstecker 

Vor wenigen Tagen war in sozialen Netzwerken ein Video aufgetaucht, das die nun verurteilte junge Frau zeigen soll, wie sie mit dem Regenbogen-Schmuck an den Ohren in einem Café sitzt. Ihr Begleiter trägt eine kleine ukrainische Flagge als Anstecker am Pullover. Zu sehen und zu hören ist, wie beide von einem unbekannten Mann aggressiv bedrängt und zum Abnehmen der Symbole aufgefordert werden. Einen Tag später sei die Frau festgenommen worden. Was mit ihrem Freund passierte, war zunächst nicht bekannt.

Verfahren wegen Regenbogen-Post

Stattdessen sorgte in unabhängigen russischen Online-Medien noch ein anderer Fall für Empörung: In der Stadt Saratow wurde Medien zufolge wegen eines Regenbogen-Posts auf Instagram ein Verfahren gegen die Fotografin und Künstlerin Inna Mossina eingeleitet.

Queere Menschen beliebtes Ziel russischer Propagandisten

Insbesondere seit Beginn seines Angriffskriegs gegen die Ukraine vor fast zwei Jahren geht Russland auch im eigenen Land immer repressiver gegen gesellschaftliche Vielfalt vor. Queere Menschen sind dabei ein besonders beliebtes Ziel russischer Propagandisten, die immer wieder einen vermeintlich aus dem Westen importierten "Werteverfall" anprangern. Menschenrechtler haben bereits davor gewarnt, dass die Einstufung der LGBTQI+-Community als "extremistisch" darauf abziele, dass queere Aktivisten in der russischen Öffentlichkeit komplett mundtot gemacht werden sollen.

➤ Mehr lesen Sie hier: Russland verliert jährlich eine halbe Million Menschen

Kommentare