Lange galt der klein gewachsene Ciotti mit der näselnden Stimme und dem kahlen Kopf als „ewiger Zweiter“ und „Schattenmann“ von Politikern wie Ex-Präsident Nicolas Sarkozy und dessen früherem Premierminister François Fillon. Er wurde deren Spezialist für Fragen der inneren Sicherheit und der Einwanderung, bei denen er eine harte Linie vertritt. Nun schreitet Ciotti selbst ins Rampenlicht.
Die Wahl für Ciotti gilt als mögliche Vorentscheidung für den konservativen Kandidaten der nächsten Präsidentschaftswahl 2027. Denn der neue Parteichef kündigte an, dass er Laurent Wauquiez unterstützen werde, einen einstigen Minister in Sarkozys Regierung, der aktuell Präsident der Region Auvergne-Rhône-Alpes ist und ebenfalls dem rechten Parteiflügel angehört.
Mit diesem Rechtsruck wollen sich die Bürgerlich-Konservativen von Präsident Emmanuel Macrons Partei abheben, die die rechte Mitte besetzt. Macron hat die Republikaner stark geschwächt, indem er Hoffnungsträger von Wirtschaftsminister Bruno Le Maire bis zum Innenminister Gérald Darmanin abwarb.
Mehrmals hatte sich Ex-Präsident Sarkozy, der sich gut mit Macron versteht, für eine Annäherung ausgesprochen. Diese wird unter Ciotti undenkbar, der ideologisch dem rechtsextremen Rassemblement National näher steht. Er will Abschiebungen erleichtern und die Einwanderung bremsen, warb für die Schaffung eines „französischen Guantanamos“ und schlug nach dem Terroranschlag an der Strandpromenade von Nizza 2016 vor, potenzielle Gefährder sicherheitshalber einzusperren, bevor sie straffällig werden. Bedenken, dass das der französischen Verfassung widersprechen würde, störten ihn dabei nicht.
Zuletzt kam Ciotti unter Druck, weil Medien enthüllten, dass er seine Ex-Frau jahrelang gleichzeitig in seinem Abgeordnetenbüro im Parlament, im Rathaus von Nizza und im Département beschäftigt und bezahlt hatte. Die Justiz ermittelt wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder – dabei präsentiert sich Ciotti gerne als „Mann der Ordnung“. Simone Weiler, Paris
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