Wie Putin dem ewigen Leben nachjagt

Was machen Autokraten, wenn sie glauben, keiner hört zu? Sie unterhalten sich darüber, dass sie möglichst lange an der Macht bleiben wollen.
Wie, das haben Wladimir Putin und Xi Jinping jetzt in Peking debattiert. Bei der Militärparade an Tiananmen-Platz, die der chinesische Präsident für Staats- und Regierungschefs aus aller Welt hat inszenieren lassen, unterhielten sich die beiden über Methoden, das Leben zu verlängern.
Übertragen wurde das Ganze - wohl unabsichtlich - durch das chinesische Staatsfernsehen. „Früher war es eine Seltenheit, dass Menschen überhaupt 70 wurden. Heute ist man mit 70 ja praktisch noch ein Kind ist", hört man einen Übersetzer Xis sagen. Einer von Putins Mitarbeitern übersetzt dessen Antwort: Die Menschheit werde bald in der Lage sein, „immer wieder menschliche Organe zu transplantieren und so nicht nur jünger zu werden, sondern vielleicht Unsterblichkeit zu erreichen." 150 Jahre alt könne der Mensch werden, sagt Xi, bis zum Ende dieses Jahrhunderts sei das möglich.
Putin macht Druck auf Forscher
Während Xis Interesse an dem Thema bisher nicht dokumentiert ist, ist Putins Faible dafür bekannt. Seit einigen Jahren spricht der Kremlchef immer wieder über Langlebigkeitsforschung; sein Ideengeber dabei soll Michail Kowaltschuk sein, Oligarch und Leiter von Russlands Genforschungsprogramm – dort arbeitet auch Putins Tochter Maria Woronzowa. Kowaltschuk behauptet etwa, es gebe so etwas wie ein „russisches Genom“ und der Westen arbeite an Bio-Waffen, um nur ethnische Russen zu töten. Ebenso hätten die USA eine neue „menschliche Subspezies“ kreiert, die wie Roboter programmiert werden könnte.
Seit Kurzem investiert der Kreml auch viel Geld in die Langlebigkeitsforschung. 2024 wurde ein „nationales Projekt“ aus der Taufe gehoben, um die Lebenserwartung der Russen signifikant zu erhöhen – bis 2030 wolle man damit 175.000 Leben retten, hieß es damals. Das Gesundheitsministerium verschickte dazu Briefe an viele Forschungseinrichtungen, verlangte mit forschem Ton schnellstens Produkte, die Alterung verlangsamen und aufhalten.
Die betroffen Wissenschaftler hatten zumeist wenig Freude damit. „Mitten im Krieg sollen wir alles stehen und liegen lassen, um das Leben dieser alten Käuze zu verlängern“, sagte ein Forscher dem unabhängigen Portal Meduza, eine Anspielung auf das Durcschnittsalter der Politelite. „Das ist an Zynismus nicht zu überbieten.“
Organe aus dem Drucker
Auch staatliche Unternehmen sind angehalten, ihre Forschung in Richtung Unsterblichkeit auszurichten. Selbst die Nuklearagentur Rosatom, eigentlich zuständig für die Atomkraftwerke und den Verkauf von Uran ins Ausland, ist da an Bord - sie behauptete kürzlich, eine Technologie zum "Drucken" menschlicher Organe entwickelt zu haben. Darauf dürfte Putin Bezug genommen haben, als er jetzt in Peking vom „kontinuierlichen Austausch von Organen“ sprach.
Beweise, dass diese Methode funktioniert oder gar das Leben verlängern könnte, gibt es bisher aber nicht. Ebenso ungelöst ist die Frage, wie man der Gehirnalterung entgegenwirken will – die trifft alle irgendwann, Staatschefs wie normale Bürger.
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