Protestwelle in der Slowakei: "Das könnte für Fico gefährlich werden"

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In der Slowakei gehen die Menschen erneut gegen den Linkspopulisten Robert Fico auf die Straße. Sie protestieren gegen dessen prorussischen Kurs, aber vor allem gegen das drohende Sparprogramm.

Dieser Besuch hat das Fass zum Überlaufen gebracht: Als einziger EU-Regierungschef reiste der slowakische Ministerpräsident Robert Fico Anfang des Monats nach Peking, um an der gigantischen Militärparade von Chinas Präsident Xi Jinping teilzunehmen – und um sich zum dritten Mal seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu treffen.

In seiner Heimat hat die Russlandaffinität des Linkspopulisten (die Slowakei pumpt durch Öl- und Gaskäufe weiterhin fleißig Geld in Putins Kriegskasse und blockierte - ebenso wie Nachbar Viktor Orbán - vorübergehend Sanktionen gegen den Kreml) nun eine erneute Protestbewegung ausgelöst. Nach mehreren Monaten Pause demonstrieren seit Anfang September wieder regelmäßig Tausende Slowaken, vergangene Woche bis zu 30.000 in insgesamt 16 Städten des Landes. Etwa in der Hauptstadt Bratislava skandierten sie "Genug von Fico!" oder "Fico muss ins Gefängnis". 

Proteste gegen Sparmaßnahmen

Doch auch innenpolitische Maßnahmen, etwa das gewaltige Sparpaket der vor zwei Jahren gewählten Fico-Administration, treiben die Menschen inzwischen auf die Straße. Dieses sieht unter anderem eine Erhöhung der Mehrwertsteuer auf bestimmte Lebensmittel und der Sozialabgaben vor. Damit soll der gigantische Schuldenberg der Slowakei abgebaut werden. 2024 betrug das Defizit 5,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. 

Auch bei den Pensionisten, im - schon jetzt maroden - Gesundheitssystem und im Bildungsbereich soll gespart werden, wie Péter Techet vom Institut für den Donauraum und Mitteleuropa (IDM) erklärt. 

Besonders unpopulär ist zudem das Vorhaben, aus Spargründen drei Feiertage zu streichen, darunter den 17. November, der Beginn der „Sanften Revolution“ gegen das kommunistische Regime, wie Politologe Radoslav Štefančík im KURIER-Gespräch betont. „Am meisten kritisiert wird aber, dass alles wieder nur die Bürger bezahlen soll, während die Regierung selbst keinen Willen zeigt, die Staatsausgaben zu reduzieren.“

Chance für die Opposition

Die Opposition wittert in der Protestbewegung eine historische Chance. Oppositionsführer Michal Šimečka bezeichnet das Sparpaket, über das noch nicht final abgestimmt wurde, als „Kriegserklärung an die Arbeiter“. Seine liberale Partei  „Progressive Slowakei“, die die Umfragen im Land derzeit anführt, hat für Dienstagabend erneut zu Protesten aufgerufen.

„Wenn morgen Wahlen stattfänden, hätte Fico mit seinen Regierungspartnern keine Mehrheit mehr“, so Slowakei-Experte Techet. Denn: Ficos Kernwählerschaft habe zwar „überhaupt kein Problem mit seinem prorussischen Kurs oder Kulturkampfthemen“, etwa mit der am Donnerstag angestrebten Verfassungsänderungen zu LGBTIQ-Rechten. „Aber wenn die Wählerschaft gerade in  ländlichen, ärmeren Gegenden unter Einschnitten bei der Sozialpolitik leidet, kann die Opposition Druck aufbauen“, sagt er. Und: „Das könnte für Fico jetzt wirklich gefährlich werden.“       

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