In Ungnade gefallen: Aus dem Königskind wird Andrew Mountbatten Windsor

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Nach anhaltender Kritik aus dem Volk entzieht König Charles seinem jüngeren Bruder alle Titel und seine Luxusresidenz. Das dritte Kind von Königin Elizabeth II wird künftig als Andrews Mountbatten Windsor bekannt sein.

Es war der Moment, auf den Sky Roberts seit Jahren gehofft. An den er trotzdem vielleicht nie so ganz geglaubt hat. Und den er sich so sehr gewünscht hätte, als seine Schwester Virginia Giuffre noch am Leben war.

Nun“, sagte er Donnerstagabend mit Tränen in den Augen zur BBC, „ist er nur noch Andrew.“

Members of U.S. Congress and Epstein victims hold press conference in Washington

Wenige Minuten davor hatte BBC-Moderatorin Fiona Bruce die Aufzeichnung der Sendung „Question Time“ für eine aktuelle Meldung aus dem Buckinhgam Palace unterbrechen müssen. „Prinz Andrew“, teilte sie dem Fernsehpublikum mit, „wird nicht länger Prinz sein.“ Der Applaus des Radiopublikums war so frenetisch, dass ihre nächsten Worte nicht zu verstehen waren. 

Die Macht des Volkes

Der britische Monarch mag auf dem Papier die mächtigste Person des Königsreichs sein. Doch für das Überleben des Königshauses ist er auf die Unterstützung und das Wohlwollen der britischen Bevölkerung angewiesen. Und so setzte König Charles III Donnerstagabend zu einem Akt der Schadensbegrenzung an: Er enthob seinen jüngeren Bruder nun auch offiziell all seiner königlichen Titel und verwies ihn der Luxusresidenz, die zwei Jahrzehnte lang dessen zu Hause war – in der Hoffnung, die aktuelle Situation zu entschärfen.

FILE PHOTO: Funeral service for Britain's Katharine, Duchess of Kent, in London

Seit Wochen reißen die Negativschlagzeilen um den britischen Problemprinzen nicht ab. Zunächst hatte ein E-Mail sein Naheverhältnis zu dem verurteilten Pädophilen Jeffrey Epstein zu seinem Zeitpunkt bestätigt, als Andrew den Kontakt mit ihm abgebrochen haben wollte. Mitte Oktober veröffentlichte der Guardian erste Auszüge von Virginia Giuffre’s posthumer Biographie. Darin schildert sie nicht nur den traumatischen Missbrauch durch Epstein, sondern beschreibt auch drei Gelegenheiten, an denen Andrew mit ihr Sex gehabt hätte.

In Zugzwang

Das konnte der Palast – der so oft versucht, Skandale schweigend auszusitzen – doch nicht ignorieren. In einer überraschenden Pressemitteilung am Abend des 17. Oktober (stets zu einer Uhrzeit, die den Medien ausschweifende Berichte schwierig machen) kam die Nachricht mit dem Briefkopf des Buckingham Palace, unterschrieben von Prince Andrew: Er werde königlichen Titel nicht länger anwenden.

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Ein freiwilliges Stilllegen? Keine weiteren Konsequenzen? Das war den Briten nicht genug. 

Es müssen Mechanismen eingerichtet werden, um einen Titel offiziell zu entfernen”, erklärte die britische Labour-Abgeordnete Rachael Maskell und brachte einen entsprechenden Gesetzentwurf beim Parlament ein.“ 

Es gebe berechtigte Sorge, dass die Mietvereinbarung für die Royal Lodge nicht das beste Preis-Leistungs-Verhältnis” für die britischen Steuerzahler darstelle, schrieben Parlamentarier in einem Brief an das verantwortliche Crown Estate. 

Mietvertrag gekündigt

Und so zog König Charles Donnerstagabend endgültig die Reißleine. Seine Majestät“, heißt es in der offiziellen Aussendung, „hat ein formelles Verfahren eingeleitet, um Prinz Andrew seinen Titel, seine Würden und Ehrenrechte zu entziehen. Prinz Andrew wird nun als Andrew Mountbatten Windsor bekannt sein.“ (Eine Maßnahme, die nicht einmal König Edward VIII zuteil wurde, als er 1936 für seine Ehe mit Wallis Simpson zurücktrat. Er war weiter Herzog von Windsor.)

Dazu wurde Andrew „offiziell mitgeteilt, dass er den Mietvertrag aufgeben muss und in eine andere private Unterkunft umziehen wird“. (Ganz ungraziös dürfte auch Andrews neuerliche Unterkunft nicht sein: Der King wird ihm auf seinem privaten Landsitz in Norfolk, dem 8.000 Hektar großen Sandringham Estate, unterbringen.)

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„Wir sind so stolz auf Virginia”, meinte Sky Roberts: „Dieses normale Mädchen aus einer normalen Familie hat einen Prinzen entthront.”

Und doch: Alle Fragen sind noch nicht beantwortet. Wieso hat das Königshaus so lange auf diese Maßnahme gewartet? Das Foto  - geknipst von Jeffrey Epstein - auf dem Prinz Andrew den Arm in einer unmissverständlichen Art um die 17-jährige Virginia Giuffre gelegt hatte, kam 2011 auf. In einem Gerichtsverfahren gegen Epstein wurde Andrew das erste Mal 2015 genannt.

Die Aberkennung der Titel ist für Sky Roberts jedenfalls nicht genug. Es brauche nun eine Untersuchung: „Andrew“, sagt Sky Roberts noch im BBC-Interview, „gehört hinter Gitter“.

 

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