Tiktok-Trend in Polen: "Sittenpolizei" stellt junge Frauen online an den Pranger

Screenshot TikTok // 666oliwierek
In Polen sorgt die „Szon Patrol“ für Aufruhr. Junge Männer filmen Frauen wegen freizügiger Kleidung und stellen die Videos ins Netz.

Mit gelben Westen und der Aufschrift „Szon Patrol“ ziehen immer mehr junge Männer und Burschen durch die Straßen Polens – ihre Mission: Frauen für ihren "unsittlichen" Kleidungsstil im Netz an den Pranger zu stellen.

Als selbsternannte Sittenpolizei filmen sie vor allem junge Frauen und Mädchen, die ihrer Meinung nach zu freizügig angezogen sind, und laden die Videos ohne deren Einverständnis auf Tiktok oder Instagram hoch. Mittlerweile sorgt dieser Trend über die Landesgrenzen Polens hinweg für Aufregung.

Mobbing auf Social-Media

Was ursprünglich als Scherz unter Jugendlichen in den sozialen Medien über die Sommerferien begann, entwickelte sich in kürzester Zeit zu einem immer größeren Problem. Inzwischen ziehen Burschen und junge Männer als "Sittenpolizei" in unzähligen polnischen Städten und kleineren Orten durch die Straßen.

Junge Männer erstellen Social-Media-Profile mit dem Namen „Szon Patrol“ und der jeweiligen Heimatgemeinde, um darin Bilder und Videos von Mädchen und jungen Frauen zu posten. Das Wort „Szon“ ist eine abgekürzte Form des polnischen Wortes für „Prostituierte“ und wurde bewusst gewählt, um Sperren in sozialen Netzwerken zu umgehen.

Unter den Videos finden sich hämische Kommentare, Hass und Bodyshaming. Frauen werden im Netz öffentlich bloßgestellt, in vielen Fällen handelt es sich um Minderjährige. Dieser Trend stigmatisiert, verletzt die Privatsphäre und könnte laut Experten psychische Schäden für die Opfer nach sich ziehen.

Mehrere Schülerinnen haben in polnischen Medien bereits angegeben, von ihren Schulkollegen gemobbt zu werden und Hass aufgrund des Trends zu erleben. Einige Eltern berichten sogar davon, dass ihre Kinder deswegen nicht mehr zur Schule kommen möchten – zu groß sei das Schamgefühl.

15.000 Bilder und Videos gelöscht

Mittlerweile hat sich der polnische Kinderrechts-Ombudsmann eingeschaltet und Social-Media-Plattformen aufgefordert, die Videos zu löschen. Tiktok und der Instagram-Mutterkonzern Meta sind derzeit dabei, aufpoppende Profile zu sperren. 

Auch die Kinderrechtsschützerin Kinga Szostko von der KidsAlert-App hat sich zu Wort gemeldet und erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur PAP, es gäbe bereits erste Hinweise auf psychische Schäden im Zusammenhang mit dem Trend. Laut eigenen Angaben konnte sie bis jetzt mehr als 15.000 Bilder und Videos aus dem Netz entfernen lassen. 

"Sittenpolizisten" selbst minderjährig

Zwar ist das Veröffentlichen von Bildern, vor allem von Minderjährigen, ohne Einverständnis strafbar; die Täter rechtlich zu verfolgen, stellt sich aber als schwierig heraus. Denn die meisten der beteiligten jungen Männer sind selbst minderjährig, somit würden ihre Eltern die rechtliche Verantwortung tragen. Nach einer rechtlichen Lösung wird derzeit gesucht. 

Die Polizei gibt zu bedenken, dass Minderjährige nur mit geeigneten Resozialisierungsmaßnahmen wie Therapie, Bewährung oder einer obligatorischen Teilnahme an Bildungsmaßnahmen verurteilt werden können. Personen über 18 Jahren können hingegen strafrechtlich verfolgt werden, auch mit Freiheitsstrafen.

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