Feuerpause zwischen Palästinensern und Israel

Feuerpause zwischen Palästinensern und Israel
Rund eine Woche vor dem Eurovision Song Contest in Tel Aviv sind bei Angriffen vier Israelis und 19 Palästinenser im Gazastreifen getötet worden.

Kurz vor Beginn der islamischen Fastenzeit und des Eurovision Song Contests in Tel Aviv hat sich die Gewalt zwischen militanten Palästinenserorganisationen im Gazastreifen und Israel erneut gefährlich hochgeschaukelt.

Vier israelische Zivilisten wurden am Sonntag bei massiven Raketenangriffen aus Gaza getötet, wie die Behörden mitteilten. Im Gazastreifen starben mindestens 19 Menschen durch Bombardements des israelischen Militärs.

Die Palästinenser haben sich nach eigenen Angaben nun auf einen Waffenstillstand mit Israel verständigt. Die unter Vermittlung Ägyptens ausgehandelte Feuerpause gelte seit Montag früh, 04.30 Uhr, sagten Vertreter der radikalislamischen Hamas, der mit ihr verbündeten Gruppe Islamischer Jihad sowie ein ägyptischer Verhandlungsteilnehmer.

Waffenstillstand bisher eingehalten

Ein Vertreter des Islamischen Jihad sagte, die nun ausgehandelte Waffenruhe sehe unter anderem eine Lockerung der Auflagen für die palästinensischen Fischer im Gazastreifen sowie eine bessere Versorgung mit Strom und Treibstoff vor.

Eine Sprecherin der israelischen Armee lehnte eine Stellungnahme zu den Verhandlungen mit den radikalen Palästinensergruppen ab. Doch wie ein AFP-Korrespondent berichtete, wurden seit Inkrafttreten der angekündigten Feuerpause keine Raketen mehr aus dem Gazastreifen abgefeuert und auch die israelische Armee stellte ihre Luftangriffe ein.

Feuerpause zwischen Palästinensern und Israel

Es handelte sich um die ersten zivilen israelischen Todesopfer durch Raketenbeschuss seit dem Gaza-Krieg 2014. Seit Samstag feuerten militante Palästinenser nach Angaben der israelischen Armee 650 Raketen auf israelische Ortschaften ab. Mehr als 150 Raketen seien von der israelischen Raketenabwehr abgefangen worden, sagte Sprecher Jonathan Conricus.

Israels Luftwaffe bombardierte als Reaktion auf die Angriffe mehr als 250 Ziele in dem Küstenstreifen. Ein mutmaßlicher Hamas-Kommandant sei bei einem gezielten Luftangriff auf sein Auto getötet worden. Der Mann sei für Geldtransfers des Iran zu bewaffneten Gruppen im Gazastreifen verantwortlich gewesen, erklärte das israelische Militär.

Feuerpause schien zuerst unrealistisch

Israel bestreitet dabei, für den Tod einer 37-jährigen schwangeren Frau und ihrer einjährigen Tochter im Gazastreifen verantwortlich zu sein. Nach Militärangaben wurden sie östlich von Gaza von einer fehlgeleiteten Rakete militanter Palästinenser getroffen. Damit stieg die Zahl der seit Samstag im Gazastreifen getöteten Palästinenser auf 23; rund 150 wurden verletzt.

Ismail Haniya teilte am Sonntagabend in einer Stellungnahme mit, eine neue Feuerpause sei möglich, wenn Israel sich einer Waffenruhe ebenfalls verpflichtet zeige. In der Stellungnahme forderte er eine Aufhebung der seit mehr als zehn Jahren dauernden israelischen Blockade des Gazastreifens, die inzwischen von Ägypten mitgetragen wird. Anderenfalls werde es weitere Konfrontationen geben.

Feuerpause zwischen Palästinensern und Israel

Israel schien anfangs nicht darauf einzugehen. Nach einer stundenlangen Sitzung wies das israelische Sicherheitskabinett um Ministerpräsident Benjamin Netanyahu die Armee am Sonntagabend an, die Angriffe fortzusetzen. Vor der Sondersitzung hatte Netanyahu gesagt, dass er die Armee angewiesen habe, "die massiven Angriffe auf Terrorziele im Gazastreifen fortzusetzen". Die Hamas trage die Verantwortung für alle Angriffe aus dem Küstenstreifen und zahle bereits einen hohen Preis dafür.

Eine Woche vor Song Contest in Tel Aviv

Die Eskalation erfolgt nur eine Woche vor dem internationalen Gesangswettbewerb Eurovision Song Contest (ESC) in Tel Aviv. Zunächst blieb die Stadt von der jüngsten Runde der Gewalt verschont. Militante Palästinenserorganisationen drohten jedoch nach Medienberichten mit einer Ausweitung der Angriffe auch auf die Küstenmetropole. Ägypten bemühe sich um eine Waffenruhe.

Ein Sprecher der Europäischen Rundfunkunion (EBU), Veranstalterin des ESC, sagte am Samstag: "Sicherheit steht für die EBU immer an erster Stelle." Man arbeite mit der israelischen Rundfunkanstalt KAN und der Armee zusammen, "um die Sicherheit all jener zu gewährleisten, die mit uns in der Veranstaltungshalle Expo Tel Aviv zusammenarbeiten und sich uns anschließen". Die ESC-Proben gingen normal weiter.

Die EU forderte ein sofortiges Ende der Raketenangriffe aus dem Gazastreifen. Die USA verurteilten "den Schwall von Raketenangriffen der Hamas und des palästinensischen Islamischen Jihad von Gaza auf unschuldige Zivilisten und ihre Gemeinden in Israel". Das US-Außenministerium erklärte: "Wir stehen zu Israel und unterstützen dessen Recht auf Selbstverteidigung gegen diese abscheulichen Angriffe."

Österreich auf Seite Israels

Bereits am Samstag hatte sich auch Österreich auf die Seite Israels gestellt. Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal verurteilte die Angriffe aus Gaza und äußerte volle Unterstützung für Israels Recht, sich selbst zu verteidigen. "Österreich steht fest hinter Israel, weil die Sicherheit des Landes und seiner Bevölkerung zur Staatsräson Österreichs zählt", twitterte er auf Englisch.

Feuerpause zwischen Palästinensern und Israel

Jordanien forderte dagegen ein sofortiges Ende der "israelischen Aggression" gegen Gaza. Die Gewalt führe nur zu größeren Spannungen und mehr Leiden, erklärte das Außenministerium in Amman. Die Türkei rief "die internationale Gemeinschaft dazu auf, rasch einzuschreiten, um Spannungen in der Region abzubauen, die mit Israels unverhältnismäßigem Vorgehen gestiegen sind." In einem der zerstörten Gebäude in Gaza soll sich auch ein Büro der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi befunden haben.

Die Gewalt eskalierte, nachdem es am Freitag an der Gaza-Grenze bei Konfrontationen mit israelischen Soldaten Tote gegeben hatte. Vier Palästinenser wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza getötet. Palästinenserfraktionen kündigten daraufhin Rache an.

 

Roland Adrowitzer (ORF) zur Lage im israelischen Raum

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