Auch Westdeutschland wählt blau: Starke Zuwächse für AfD bei Wahl in NRW

Dass die teils rechtsextreme AfD kein "Ostproblem" (mehr) ist, zeigte sich spätestens nach der Bundestagswahl im Februar: Damals kam die AfD in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands (18 Millionen Einwohner, fast 13,7 Millionen Wahlberechtigte), auf 16,8 Prozent.
An diesen Erfolg konnte die AfD am Sonntag anknüpfen: Sie hat ihr Ergebnis mit 14,5 Prozent fast verdreifacht. Bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren holte sie gerade mal 5,1 Prozent. Die CDU, immer noch stärkste Kraft im Land, kam auf 33,3 Prozent. Die Sozialdemokraten, die jahrzehntelang im Ruhrgebiet, dem einstigen Zentrum der deutschen Stahlproduktion und des Kohleabbaus, stark gewesen sind, holten 22,1 Prozent. Es ist das schlechteste Resultat, das die Großpartei jemals bei einer Kommunalwahl geholt hat.
Die Grünen erlitten starke Verluste und liegen bei 13,5 Prozent. 2020 hatte die Ökopartei mit 20 Prozent ihr bestes Kommunalwahlergebnis erzielt. Die FDP erreichte 3,7 Prozent, die Linke 5,6 Prozent.
2020 gewann die CDU mit 34,3 Prozent. Die SPD kam damals auf 24,3 Prozent. Die FDP erreichte vor fünf Jahren 5,6 Prozent, die AfD 5,1 Prozent, die Linke 3,8 Prozent.

AfD-Kandidat der Ruhrgebietsstadt Gelsenkirchen, Norbert Emmerich.
Das Erstarken der AfD im Westen löste bei den anderen Parteien Sorge aus. "Dieses Ergebnis muss uns zu denken geben, kann uns auch nicht ruhig schlafen lassen", sagte CDU-Ministerpräsident Hendrik Wüst. "Selbst meine Partei nicht, die diese Wahl so klar gewonnen hat."
Einstige SPD-Wähler, die zeitweise den Weg der "Nicht-Wahl" gewählt hätten, "wählen heute AfD", sagte der Politikwissenschafter David Gehne von der Uni Bochum vor der Wahl im Deutschlandfunk. Der Grund: Enttäuschung über kaputte Infrastruktur, Leerstand, Arbeitslosigkeit – in der Ruhrgebietsstadt Gelsenkirchen ist die Arbeitslosigkeit mehr als doppelt so hoch (15,5 Prozent im August 2025) als im Deutschlandschnitt (6,4 Prozent). Hier hatten bei der Bundestagswahl 24,7 Prozent die AfD gewählt, dahinter ganz knapp mit 24,1 Prozent die SPD.
Dazu komme der Eindruck, dass es zu viel Zuwanderung gäbe. "Dieses Problem hat die SPD zu lange gemieden oder tot geschwiegen."

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) neben Parteichef und Bundeskanzler Friedrich Merz (r.).
Die Wahl wurde als Stimmungstest für die Koalition aus Union und SPD in Berlin gesehen, NRW hat mehr Wahlberechtigte als alle ostdeutschen Bundesländer zusammen. In zahlreichen Städten und Kommunen stehen nun Stichwahlen an; CDU, SPD und Grüne hatten bereits im Wahlkampf angekündigt, in Stichwahlen am 28. September gegen AfD-Kandidaten vereint den jeweils anderen unterstützen zu wollen.
AfD-Ergebnis "muss Parteien zu denken geben"
"Das Wahlziel ist erreicht. Wir sind die Kommunalpartei Nummer eins", sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in der ARD. Zum Wahlergebnis der AfD sagte er, dies müsse alle anderen Parteien zu denken geben. Allerdings wies Wüst darauf hin, dass die AfD in einem Drittel der Kommunen gar keine Kandidaten aufgestellt habe. "Hier von einer Westwanderung zu sprechen, ist so undifferenziert nicht richtig", sagte er.
Die Wahlbeteiligung wurde mit 58,5 Prozent angegeben, ein deutlicher Anstieg gegenüber 2020. Vergeben wurden rund 20.000 Mandate in den Räten von 396 Städten und Gemeinden, den 31 Kreistagen sowie im Ruhrparlament des Regionalverbands Ruhr. Gewählt werden auch Bürgermeister, Oberbürgermeister (OB) und Landräte.
Stichwahlen in vielen Großstädten
Gewählt wurden neben den Kommunalparlamenten auch Bürgermeister, Oberbürgermeister und Landräte. In vielen Großstädten wie Aachen, Bonn, Bochum, Bielefeld, Düsseldorf, Dortmund, Duisburg, Essen, Köln und Münster gibt es am 28. September Stichwahlen um die Oberbürgermeister-Posten.
In Köln, der größten Stadt Nordrhein-Westfalens, kommt es zu einer Stichwahl zwischen der Grünen-Landtagsvizepräsidentin Berivan Aymaz und dem SPD-Mann Torsten Burmester. In der Landeshauptstadt Düsseldorf lag CDU-Amtsinhaber Stephan Keller vorn, er muss aber in die Stichwahl gegen die Grüne Clara Gerlach. In Bonn muss sich die grüne Oberbürgermeisterin Katja Dörner einer Stichwahl gegen den CDU-Kandidaten Guido Déus stellen, der im ersten Wahlgang die Nase vorn hatte.
In den Ruhrgebietsstädten Gelsenkirchen, Duisburg und Hagen kamen AfD-Kandidaten in die Stichwahl, sie treten gegen SPD-Kandidaten (Gelsenkirchen, Duisburg) und einen CDU-Kandidaten (Hagen) an.
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