Auch Westdeutschland wählt blau: Starke Zuwächse für AfD bei Wahl in NRW

Dass die teils rechtsextreme AfD kein "Ostproblem" (mehr) ist, zeigte sich spätestens nach der Bundestagswahl im Februar: Damals kam die AfD in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands (18 Millionen Einwohner, fast 13,7 Millionen Wahlberechtigte), auf 16,8 Prozent.
An diesen Erfolg konnte die AfD am Sonntag anknüpfen: Laut der ersten Hochrechnung hat die AfD ihr Ergebnis mit 16,4 Prozent verdreifacht. Bei der Kommunalwahl vor fünf Jahren holte sie gerade mal fünf Prozent. Die CDU, zwar immer noch stärkste Kraft im Land, kam auf 34,2 Prozent. Die Sozialdemokraten, die jahrzehntelang im Ruhrgebiet, dem einstigen Zentrum der deutschen Stahlproduktion und des Kohleabbaus, stark gewesen sind, holten 22,6 Prozent. Beides sind die schlechtesten Resultate, die die Großparteien jemals bei einer Kommunalwahl geholt haben. Die Grünen erlitten starke Verluste und liegen bei 11,5 Prozent. 2020 hatte die Ökopartei mit 20 Prozent ihr bestes Kommunalwahlergebnis erzielt.
Die CDU gewann 2020 mit 34,3 Prozent. Die SPD kam damals auf 24,3 Prozent. Platz drei belegten die Grünen mit 20 Prozent. Die FDP erreichte 5,6 Prozent, die AfD 5,1 Prozent.

AfD-Kandidat der Ruhrgebietsstadt Gelsenkirchen, Norbert Emmerich.
Einstige SPD-Wähler, die zeitweise den Weg der "Nicht-Wahl" gewählt hätten, "wählen heute AfD", sagte der Politikwissenschafter David Gehne von der Uni Bochum vor der Wahl im Deutschlandfunk. Der Grund: Enttäuschung über kaputte Infrastruktur, Leerstand, Arbeitslosigkeit – in der Ruhrgebietsstadt Gelsenkirchen ist die Arbeitslosigkeit mehr als doppelt so hoch (15,5 Prozent im August 2025) als im Deutschlandschnitt (6,4 Prozent). Hier hatten bei der Bundestagswahl 24,7 Prozent die AfD gewählt, dahinter ganz knapp mit 24,1 Prozent die SPD.
Dazu komme der Eindruck, dass es zu viel Zuwanderung gebe. "Dieses Problem hat die SPD zu lange gemieden oder tot geschwiegen."

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) neben Parteichef und Bundeskanzler Friedrich Merz (r.).
Die Wahl wurde als Stimmungstest für die Koalition aus Union und SPD in Berlin gesehen, NRW hat mehr Wahlberechtigte als alle ostdeutschen Bundesländer zusammen. In zahlreichen Städten und Kommunen stehen nun Stichwahlen an; CDU, SPD und Grüne hatten bereits im Wahlkampf angekündigt, in Stichwahlen am 28. September gegen AfD-Kandidaten vereint den jeweils anderen unterstützen zu wollen.
AfD-Ergebnis "muss Parteien zu denken geben"
"Das Wahlziel ist erreicht. Wir sind die Kommunalpartei Nummer eins", sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in der ARD. Zum Wahlergebnis der AfD sagte er, dies müsse alle anderen Parteien zu denken geben. Allerdings wies Wüst darauf hin, dass die AfD in einem Drittel der Kommunen gar keine Kandidaten aufgestellt habe. "Hier von einer Westwanderung zu sprechen, ist so undifferenziert nicht richtig", sagte er.
Die Wahlbeteiligung wurde mit 58,5 Prozent angegeben, ein deutlicher Anstieg gegenüber 2020. Vergeben wurden rund 20.000 Mandate in den Räten von 396 Städten und Gemeinden, den 31 Kreistagen sowie im Ruhrparlament des Regionalverbands Ruhr. Gewählt werden auch Bürgermeister, Oberbürgermeister (OB) und Landräte.
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