Nordmazedonien „verdient den Start von EU-Beitrittsgesprächen“

Verteidigungsministerin Nordmazedoniens, Radmila Sekerinska
Mit neuem Namen gibt das Balkanland Gas - Richtung NATO und EU. Nordmazedoniens Verteidigungsministerin Sekerinska im Interview

Sie brauche „viel Disziplin“, um den noch brandneuen Namen ihres Landes – Nord-Mazedonien – richtig zu verwenden, gesteht Radmila Sekerinska lächelnd ein. Die 46-jährige sozialdemokratische Verteidigungsministerin führt das kleine Balkanland in die NATO. Mit dem KURIER sprach Sekerinska im NATO-Hauptquartier in Brüssel über...

... die Eile Nordmazedoniens, sofort nach Ende des Namensstreits mit Griechenland NATO-Mitglied zu werden:

Unser Beitritt zur NATO ist alles andere als ein schneller Prozess. Es gab schon 1993 starken Konsens in der Bevölkerung, der NATO beizutreten. Und es war das strategische Ziel aller Regierungen und großen Parteien. Aber seit wir vor eineinhalb Jahren die Regierung übernommen haben, war es nicht nur eine Frage von NATO oder EU, sondern es war auch das Ziel, eine andere Dynamik mit unseren Nachbarn zu schaffen.

Wir haben eine Einigung mit Griechenland erzielt und zuvor auch mit Bulgarien. Wir glauben nicht, dass der Balkan eine prosperierende Region sein kann, wenn wir uns alle gegenseitig misstrauen. Wenn wir die Region ändern wollen, müssen wir bei uns selbst beginnen, und das hat Nordmazedonien auch gezeigt.

... die Mitgift, die Nordmazedonien in die Allianz mitbringt:

Wir haben schon bisher zu NATO-geführten Missionen beigetragen. Seit 2011 haben wir insgesamt mehr als 4000 Soldaten geschickt. Das entspricht 60 Prozent unserer Armeestärke – unsere Streitkräfte umfassen derzeit 6.800 Soldaten. Aber wir bringen auch die Tatsache mit, dass wir die Versöhnung in der Region vorangebracht haben.

... einen Beitritt in Zeiten wachsender Spannung, Stichwort: Ende des INF-Abkommens:

Man kann sich die Zeiten, in denen man lebt, nicht aussuchen. Aber ein Land wie unseres kann stärker sein, weil es starke Verbündete hat.

... die hohen Verteidigungsausgaben, die US-Präsident Trump von allen NATO-Ländern einfordert:

Schon 2007, als wir planten, der NATO beizutreten, aber es wegen des Namensstreits mit Griechenland nicht konnten, betrug unser Verteidigungsbudget 2,17 Prozent am BIP. Danach ging unser Enthusiasmus verloren, die Ausgaben sanken. Unsere Regierung wird die Verteidigungsausgaben nun jährlich um 0,2 Prozentpunkte erhöhen. 2024 werden wir das 2-Prozent-Ziel gemessen an unserem BIP erreicht haben.

...russischen Gegenwind gegen Skopjes NATO-Kurs, etwa in Form von massiven Cyber- oder fake-news-Attacken:
Wir leben in Zeiten von fake news, von wo immer sie auch kommen. Die Bedrohungen sind heute nicht mehr konventionell, sondern meistens hybrid, und wir müssen uns damit auseinandersetzen. Wir waren Opfer von fake news, auch bei unseren Verhandlungen mit Griechenland, und das wird auch nicht aufhören. Aber indem wir ein sichereres und prosperierendes Land werden, haben wir auch mehr Möglichkeiten, gegen diese Bedrohungen anzugehen.

...den erwarteten Beginn von Beitrittsgesprächen auch mit der EU:

Wir haben den Start von Beitrittsgesprächen verdient. Nicht nur wegen der Einigung mit Bulgarien und Griechenland, und weil wir auf dem Balkan ein ganz anderes Verhalten gezeigt haben, sondern auch wegen der schwierigen Reformen daheim wie etwa für die Medienfreiheit, Rechtsstaatlichkeit, Antikorruption und Transparenz. Wir sind ein Land, das in der Lage war, Probleme zu lösen und nicht nur Ausreden zu finden. Wir haben also unsere Hausarbeit gemacht und sind vorbereitet für den Start von Beitrittsgesprächen mit der EU.

Wir erwarten keine Geschenke und keine Abkürzung, und der Beitrittsprozess erfordert noch viele weitere Hausaufgaben. Aber mit der selben Entschlossenheit und dem selben Durchhaltevermögen wie bisher werden wir jetzt unsere Erfolgsgeschichte fortsetzen.

 

Nordmazedonien „verdient den Start von EU-Beitrittsgesprächen“

Die frühere jugoslawische Teilrepublik hat sich am 12. Februar offiziell in Nordmazedonien umbenannt. Der neue Name ist Teil der Umsetzung eines Abkommens mit Griechenland. Entsprechende Verfassungsänderungen hatte das Parlament in Skopje im Vormonat gebilligt. Zudem hat das kleine Balkanland Anfang Februar auch das NATO-Beitrittsprotokoll unterzeichnet.
Athen hatte seit der Unabhängigkeit Mazedoniens 1991 darauf bestanden, dass der nördliche Nachbar seinen Namen ändert, weil eine Region im Norden Griechenlands ebenso heißt. Als EU- und NATO-Mitglied hatte Griechenland mit seinem Veto jahrzehntelang jede Annäherung Mazedoniens an die westlichen Bündnisse blockiert.

Kommentare