Non-Paper zu Westbalkan: Ljubljana bringt alten Bericht in Umlauf

BELGIUM-EU-SUMMIT
Slowenische Regierung hebt Geheimhaltungsstatus eines zehn Jahre alten Dokuments von Ex-Präsident Milan Kucan auf.

In der anhaltenden Diskussion um das umstrittene Non-Paper über Grenzverschiebungen am Westbalkan hat die slowenische Regierung nun die Aufmerksamkeit auf ein anderes, zehn Jahre altes Dokument über Bosnien-Herzegowina gelenkt, das vom slowenischen Ex-Präsidenten Milan Kucan verfasst wurde. Die Regierung hob am gestrigen Donnerstag die Geheimhaltungsstufe für diesen Bericht "über mögliche weitere Wege für den Erfolg der Verfassungsreform in Bosnien-Herzegowina" auf.

"Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun", sagte Ex-Präsident Kucan am Freitag in einem Gespräch mit der APA und betonte, dass er sich in dem Bericht für die territoriale Integrität Bosnien-Herzegowinas in den bestehenden Grenzen eingesetzt habe. Kucan warf der Regierung von Ministerpräsident Janez Jansa Manipulation vor, weil sie seinen Bericht in Verbindung mit der Diskussion über das Non-Paper bringen wolle. "Ich sehe das als ein Manöver, als eine große Manipulation, um die Aufmerksamkeit von den Anschuldigungen, dass Jansa in die Geschichte um das Non-Paper verwickelt ist, auf ein Dokument, das vor zehn Jahren für vollkommen andere Zwecke vorbereitet wurde, zu lenken", betonte er.

"Kein Geheimnis"

Kucan sei im Jahr 2010 von der damaligen Regierung beauftragt worden, einen Bericht zu seinen Ansichten über die Probleme Bosnien-Herzegowinas und deren mögliche Lösungen vorzubereiten. Dies sollte dem damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Staatspräsidenten Borut Pahor für eine Diskussion zu Bosnien im Europäischen Rat dienen.

Pahor habe das Dokument dem damaligen EU-Ratspräsidenten Herman Van Rompuy und dem deutschen Außenamt geschickt, sagte Kucan und fügte hinzu, dass er selbst zu Gesprächen darüber in Brüssel und Berlin gewesen sei. Der Bericht sei auch in seiner Biografie aus dem Jahr 2015 veröffentlicht worden, sagte Kucan. "Es ist kein Geheimnis, was dieses Papier ist, wann es veröffentlicht wurde und welchem Zweck es diente", betonte der Ex-Präsident gegenüber der APA.

In seinem Bericht habe Kucan darauf hingewiesen, dass es in Bosnien-Herzegowina viele ungelöste Probleme gäbe, dass für ihre Lösung ein Engagement der internationalen Gemeinschaft nötig sei und dass man auch die Folgen des Dayton-Abkommens erkennen müsse, sagte er zu dem Inhalt. Er habe darin die Position vertreten, "dass die Integrität Bosnien-Herzegowinas in den bestehenden Grenzen erhalten werden muss". Weiters habe er betont, dass die Erhaltung des Gesamtstaates in erster Linie das Interesse der drei konstitutiven Völker sei, was durch nichts anderes ersetzt werden könne, so Kucan. Am Ende habe er gemahnt, dass sich früher oder später die Frage des Bestehens Bosnien-Herzegowinas stellen werde, wenn die Probleme nicht gelöst werden. "Das war eine Mahnung, wie ernst man an die Lösung der Probleme herangehen soll", sagte Kucan. "Ich habe gemahnt, dass der Staat, so wie er ist, nicht funktioniert", erklärte er.

"Nicht für die Öffentlichkeit"

In der Mitteilung der slowenischen Regierung, in der die Aufhebung der Vertraulichkeit des Kucan-Berichts bekanntgegeben wurde, wird zunächst auf das umstrittene Non-Paper zur Grenzverschiebung hingewiesen. In den letzten Monaten kursierte in slowenischen und ausländischen Medien eine Reihe von Informationen über das sogenannte Non-Paper, "das Slowenien zugeschrieben wird", so die Mittelung. "Die Regierung der Republik Slowenien kennt ein solches Dokument nicht, weil sie es in der aktuellen Amtszeit weder behandelt noch vorbereitet oder diskutiert hat", betont die Regierung und fährt fort, dass es aber ein Dokument vom Jänner 2011 "über mögliche weitere Wege für den Erfolg der Verfassungsreform in Bosnien-Herzegowina" gebe. "Da der Inhalt des Dokuments seit mehreren Wochen weitgehend bekannt ist, gibt es keine Voraussetzungen für den Vertraulichkeitsstatus des Dokuments mehr", hieß es zur Begründung.

Laut dem aktuellen Präsidenten Pahor hätte der Kucan-Bericht geheim bleiben müssen. "Dieser Bericht ist nicht für die Öffentlichkeit gedacht, er ist für politische Entscheidungsträger bestimmt und ich bin der Meinung, dass es bei dem bleiben müsste", sagte er. Pahor hat ähnlich wie Kucan eine Verbindung zwischen dem Bericht und dem umstrittenen Non-Paper abgestritten. Es handle sich nicht um "irgendein Dokument", sondern um ein Dokument mit Adresse, Datum und Unterschrift, berichtete die Nachrichtenagentur STA.

Pahor bestätigte, dass der Bericht auf seine Initiative entstanden sei, seine damalige Regierung habe die Entscheidung dazu im November 2010 getroffen. In der EU habe es eine Diskussion zu Bosnien-Herzegowina gegeben und von Slowenien sei erwartet worden, dass man "angesichts der Erfahrungen besondere Kenntnisse" haben werde, sagte Pahor laut STA. Der ehemalige Präsident Kucan sei damals die geeignetste Person dafür gewesen, erklärte er. Das Dokument sei sehr gut und professionell vorbereitet worden, allerdings für einen geschlossenen Kreis gedacht, wo es auch bleiben sollte, fügte Pahor hinzu.

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