Geert Wilders: Einsam an der Spitze
Geert Wilders
Wenn von den großen Namen des europäischen Rechtspopulismus die Rede ist, dann fehlt einer in der Aufzählung nie: Geert Wilders, 62, berühmt für seine weißblondierte Haarpracht und für Aussagen, die Öffentlichkeit und Politik oft gleichermaßen verstören.
Seit 2006 mischt der Sohn einer indonesischstämmigen Mutter die niederländische Politik auf, seit der Wahl 2023 hat er dabei sogar in tonangebender Rolle: Seine Partij voor de Vrijheid (PVV), deutsch Partei für die Freiheit, landete damals auf Platz eins. Erstmals in der Geschichte der Niederlande wurde danach eine Koalition mit der PVV gebildet, die jahrzehntelang hochgezogene Brandmauer gegen rechts war damit Geschichte.
Jetzt stellt sich Wilders erneut zur Wahl, und der Urnengang an diesem Mittwoch gerät dabei zum Referendum über ihn. Nach knapp einem Jahr in einer Koalition mit den konservativen Parteien VVD und NSC und der Bauernpartei hatte er im Sommer nämlich die Regierung im Alleingang gesprengt. Seine Partei trat aus der Koalition aus, der er selbst gar nie angehört hatte – das hatten seine Koalitionspartner zu verhindern gewusst.
Wie bei Haider
Nicht wenige politische Beobachter fühlten sich dabei an Jörg Haiders Regierungsbeteiligung der FPÖ erinnert. Auch in den 2000ern war er als politischer Gottseibeiuns nie Teil einer Bundesregierung gewesen, hatte die Politik in Wien aber als Kärntner Landeshauptmann maßgeblich mitbestimmt und zuletzt auch gesprengt.
Anders als Haider muss Wilders sich aber nie mit seiner Partei auseinandersetzen. Seit der Gründung der PVV vor 19 Jahren hat die Partei ein einziges Mitglied, und zwar Wilders selbst; es gibt keine Jugendorganisation, keine Parteiakademie, und selbst seine Minister gehören der PVV nicht an. Sie werden von Wilders persönlich ausgesucht und für ihre Ämter nominiert.
Dahinter steckt Methode. Wie ehemalige Weggefährten erzählen, führe der 62-Jährige sein politisches Imperium als Alleinherrscher, seinen Politikern sei der Kontakt zu anderen Parteien untersagt, und mit Medien zu reden, sei ebenso verboten. Inhaltliche Inputs seien vom Parteichef unerwünscht, sagt der ehemalige PVV-Abgeordnete Hero Brinkman zu Politico. Er ist mittlerweile ein scharfer Kritiker Wilders’.
FPÖ-Chef Jörg Haider und der spätere Kanzler Wolfgang Schüssel im Jahr 2000.
Europäisches Dilemma
Er nennt Wilders heute eine „Bedrohung“, weil er es als Einzelperson geschafft habe, zwei Regierungen zu Fall zu bringen – auch die Vorgängerkoalition unter dem später zum NATO-Chef avancierten Mark Rutte hatte Wilders aus der Opposition so vor sich hergetrieben, dass sie an der Migrationsfrage zerbrach.
Richtig übel genommen haben die Wähler ihm seine destruktive Politik aber nicht. In Umfragen liegt er derzeit knapp auf Platz eins, gefolgt von einem rot-grünen Bündnis. Dass er Teil der nächsten Regierung wird, ist aber beinahe ausgeschlossen, denn fast alle der insgesamt 27 wahlwerbenden Parteien im Land haben sich da bereits festgelegt.
Damit ist der 1,90-Meter-Mann mit der spitzen Zunge in Europa in guter Gesellschaft: In vielen Ländern haben Rechtspopulisten die Wahlen für sich entschieden, regieren will aber kaum jemand mit ihnen. Auch Österreich stand nach der vergangenen Wahl vor der Frage, ob man als ÖVP mit Herbert Kickls FPÖ kann oder nicht. Und in Deutschland liegt die AfD zwar nur in Umfragen in Führung, aber sie ist mittlerweile so groß, dass sie bei Verfassungsgesetzen mitreden kann.
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